Sonntag, 23. November 2014

AG Schorndorf - 6 C 521/14 - Klagerücknahme


Heute nun ein in jeglicher Hinsicht hilfreicher Beitrag.

Zunächst erhob die Klägerin mit Schriftsatz vom 28.05.2014 Klage am AG Stuttgart. Da dieses für den Wohnort des Beklagten nicht zuständig ist (§ 104a UrhG) wurde der Rechtsstreit ans AG Schorndorf verwiesen. Die Klägerin behauptete alleinige Lizennehmerin für den deutschsprachigen Raum und damit ausschließliche Nutzungsrechteinhaberin an einem drittklassigen Horrorstreifen zu sein. Eine spezialisierte Ermittlungsfirma habe den Internetanschluss des Beklagten am 01.02.2010 bei einer Rechtsverletzung in einer Internettauschbörse erfasst. Die Klägerin beantragte den Beklagten auf die Zahlung von 200,00€ Schadensersatz und zur Ersttung von 807,80€ an Rechtsanwaltskosten für die Abmahung zu verurteilen.

Der Beklagte hatte sich nach der Abmahnung an eine nicht spezialisierte Kanzlei in Ortsnähe gewandt. Diese gab zwar eine modifizierte Unterlassungserklärung ab - riet aber dem späteren Beklagten zur Zahlung von 100,00€ als Vergleichangebot. Die Kanzlei wurde durch den Beklagten nach Eintreffen der Klage nicht mehr beauftragt. Aufgrund einer Krankheit des Beklagten, die ihm eine Verteidigung massiv erschwerte, übernahm der gesondert bevollmächtigte Sohn und alleinige aktive Nutzungsberechtigte des Anschlusses zunächst die Vertretung. Er hatte auch nicht die Absicht einen Anwalt einzuschalten. So wandte er sich an ein bekanntes Verbraucherschutzforum, um sich professioneller Hilfe zu versichern. Das Gericht verfügte bereits in der ersten Verfügung einen Termin zur Güteverhandlung auf den 09.09.2014 und gab dem Beklagten zwei Wochen Zeit auf die Erwiderung zu reagieren.

In der fristgerecht abgegebenen Erwiderung monierte der Beklagte zunächst, dass in den Klageanträgen und im Vortrag der Klägerin die bereits erfolgte Zahlung (100€) nicht aufgenommen wurde. Er fand es befremdlich, dass ein nach Angaben der Klägerin am 16.02.2010 erstveröffentlichtes Werk bereits am 01.02.2010 in einer Internettauschbörse auffinbar gewesen sein soll. Er bestritt insgesamt, dass die Klägerin aktivlegitimiert sei und legte für diese Behauptung Belege vor. Er führte umfangreich zu den einzelenen Anspruchshöhen aus. Der Beklagte erhob die Einrede der Verjährung. Das Gericht wurde darauf hingewiesen, dass es dem Mahnbescheidsantrag an der erforderlichen Individualisierung fehle, und somit durch die Zustellung des Mahnbescheides kein verjährungshemmendes Ereignis eingetreten sei. Der Beklagte trug im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast ausreichend vor, um jegliche Tatbeteiligung abszustreiten. Er und seine Ehefrau hatten selbst keine Computer und nutzten das Internet nicht. Einziger Nutzer sei der im Haushalt lebende erwachsene Sohn. Dieser hatte jedoch die Tathandlung gegenüber dem Beklagten nach Erhalt der Abmahnung bestritten. Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klage.

Nach mehreren Gespächen entschied der Bevollmächtigte des Beklagten doch eine rechtsanwaltliche Vertretung in anspruch zu nehmen. Schließlich konnte er auch nur bedingt in einer Doppelfunktion vor Gericht auftreten, zumal bekannt war, dass die Klägerin regelmäßig Verhandlungstermine wahr nehmen ließ. Der Beklagte wandte sich im August 2014 an eine auf Urheberrecht spezialisierte Kanzlei. Gerade zum Zeitpunkt der Mandatierung und damit vier Wochen vor dem Verhandlungstermin traf überraschend die Klagerücknahme ein. Die Klägerin zog die Klage aufgrund des vorgetragenen Sachverhalts und insbesondere wegen des Gesundheitszustandes des Beklagten die Klage zurück. Die Klägerin trägt damit die Kosten des Verfahrens. Nun stellte die beauftragte Urheberrechtskanzlei ihre Beratungsleistungen (zu Recht) mit 201,71€ incl. MwSt. dem Beklagten in Rechnung. Da allerdings aufgrund der frühen Klagerücknahme eine Bestellung der Kanzlei vor Gericht nicht erfolgt war, mußte der Beklagte diesen Betrag selbst tragen. Aufgrund der besonderen Konstellation übernahm hiervon die Spendenaktion gegen den Abmahnwahn die Hälfte (100€).

Natürlich ist das Ergebnis insgesamt für den Beklagten eher mäßig. Unnötiger Weise wurde ein Betrag von 100,00€ nach der Abmahnung überwiesen und eine nicht spezialisierte Kanzlei eingeschaltet. Die Verhandlungen mit der Urheberrechtskanzlei dauerten verhätlinismäßig lange, wobei natürlich keiner mit der frühen Rückname rechnen konnte. Dennoch ist wichtig fest zu stellen, dass man die Kostenbelastung hier hätte durch sofortiges Handeln beklagtenseits hier vermeiden hätten können.


Dienstag, 18. November 2014

Korrekte Anwendung des Prozesskostenrechners


 Anläßlich einer geradezu erschreckenden "Fundsache" im Internet - hier noch einmal einfache Hinweise für den Gebrauch des Prozesskostenrechners der Allianz.


Die Fundsache:



Natürlich reicht es nicht aus, wie diese Person vorgegangen ist, den Gegenstandswert eines Verfahrens in das Kästchen Gegenstandswert/Streitwert einzutragen.


Neben dem "Schreibversehen" ist der erste Fehler, die MwSt. bei dem Prozessgegner in Filesharingverfahren zu belassen. In der Regel treten als Gegner vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmen auf - die MwSt. ist bei den fremden Anwaltskosten nicht zu berücksichtigen.

Ebenso wird das Kästchen "Außergerichtlich" auszuklicken sein, insbesondere dann wenn nicht nur in den soliden Verbraucherschutzforen (sondern auch im Beispielfall) eine Anwaltseinschaltung zur reinen Abfassung einer "modifizierten Unterlassungserklärung" vollständig unnötig ist.

So gehts richtig:

Andererseits wäre die besondere "Situation" der Waldorf-Frommer-Abmahnungen in Sachen Berechnung zu hinterfragen.

Wichtig wird der Unterschied dann, wenn wie im Beispielfall geschehen, die beratende Person nicht nur gleich ein falsches Ergebnis mitliefert, sondern auch (ohne Begründung) dringlich eine Anwaltsbeauftragung forciert (Stichwort: irreführende Anwaltswerbung). Hier wäre auf die Gesamtkostensituation hinzuweisen, sprich dass von den Kosten der Anwaltsbeauftragung nur der anrechnenbare Teil abgezogen werden kann. Damit wird die Gesamtrechung sicherlich um einiges höher ausfallen.

Wenn also wie hier zu beobachten - nach dem Erhalt einer Abmahnung - den Ratsuchenden eine richtige prozeßökonomische Antwort gegeben werden soll, ist nicht wild mit Zahlen umherzuwerfen, sondern ein möglichst korrektes Ergebnis zu ermitteln.

PS: Die Urteilsverkündung erfolgt vielleicht gestört durch Bauarbeiten, jedoch schlicht "ruhig vorlesend". "Pauken und Trompeten" sind eher sehr selten anzutreffen.



Montag, 10. November 2014

AG Magdeburg, Urteil vom 22.09.2014 - 104 C 193/14

In Anwendung des  Urteils des Bundesgerichtshofs vom 08.01.2014 - I ZR 169/12 hat das AG Magdeburg eine Filesharing-Klage eines Computerspielevertriebes abgewiesen.

Dem Beklagten wurde vorgeworfen, er habe über seinen Internetanschluss zwischen dem 24.10.2010 und dem 10.11.2010 ein Computerspiel an dem die Klägerin Rechte inne halte Dritten und unerlaubt in einer Tauschbörse angeboten. Der Beklagte verneinte dies. Sowohl könne seine Ehefrau durch die gemeinsame Nutzung eines Rechners belegen, er habe weder das Spiel angeboten noch gespielt. Auch habe die erwachsene Tochter und deren damaliger Lebensgefährte zu dem angeblichen Tatzeitpunkt Zugriff auf den Internetanschluss genommen.

Das Gericht erkannnte, dass der Beklagte mit seinem Vortrag seine sekundäre Darlegungslast erfüllt habe. Die Zeugenvernahme ergab für das Gericht kein anderes Ergebnis. Der Beklagte habe auch keine besonderen Nachforschungspflichten. Insbesondere müsse er nicht einen Täter der Handlung ermitteln und nennen.

Auf die Entscheidung wies freundlicher Weise die Kanzlei Kazzer & Krug GbR aus Magdeburg hin.








Denunziantenstadl bei Sobiraj - Ein Kommentar

Einer geht immer noch - Update - 12.11.2014 - 14:31 

Die NZZ berichtet nun von aktuellen Stellungnahmen der STA + GVU: 

".... Aber wir sind zuversichtlich, dass die Ermittlungsbehörden auch diesmal anhand der jetzt anstehenden Zeugenbefragungen und Auswertung anderer Beweismittel(1) die Betreiber finden und zur Rechenschaft ziehen wird." (GVU)

"Wie Daniel Volmert, bei der Kölner Staatsanwaltschaft Pressesprecher für Wirtschaftsstrafsachen, der NZZ sagte, gab es bisher keine Festnahmen.(2) Man arbeite daran, die Hintermänner von Boerse.bz zu identifizieren.(3) Das könne aber noch einige Monate dauern."(4)

 (1) Es sei an dieser Stelle schon mal auf den schönen § 164 StGB hingewiesen. Jedoch muss der Geschädigte selbst Anzeige erstatten - sonst - hätte man ja schon. Die GVU ist nicht so blöd und verläßt sich auf "Sobirajs Denunziantenstadl" - sonst wär die GVU selbst dran.
 (2) D.h. schlicht: Keine Erkenntnisse aus den gesichteten Unterlagen/Dokumenten. Keine erfolgreiche Verwertung der seit längerer Zeit von "Sobirajs Denunziantenstadl" öffentlich propagierten "Vermutungen" im Kreuz zu den bisher gesichteten Unterlagen.
(3) Man kann hier immer nur die Amateure (von "Sobirajs Denunziantenstadl") warnen. Auch bei mir ist es ja schon passiert, dass eine ganzdolle Ermitterfirma mein Pseudonym anhand ganzdollen Internetbelegen einem Realnamen zugeordnet hat. Man hat sogar den Wohnort getroffen - aber die vollkommen falsche Person wurde dann von der Polizei/STA beglückt!
(4) Na dann - viel Spaß.

PS: Der obige Update bezieht sich nicht auf die Datenerhebung zu den durchgeführten Hausdurchsuchungen. Die wird (falls überhaupt) nach Akteneinsicht und Veröffentlichung geklärt. Auch hier sollte man sich aber mit falschen Verdächtigungen sehr zurück halten.

 Letzter Update - 11.11.2014 - 23:52

 Dem ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. Außer vielleicht, dass mangels der behaupteten Beweise, Zeugen, Szenekenntnis und dem Wissen unser Top-Journalist nicht selbst weiß, welche seiner "Vermutungen" und ob überhaupt eine seiner Vermutungen (wie-auch-immer) ins Schwarze getroffen hat. Ich für meinen Teil als Analyst - kann auch keine Verbindung zwischen der boerse.bz-Aktion und einer ... ach nennen wirs zusammenfassen einfach Woche der Lügen/Halbwahrheiten erkennen.

Und ich befürchte, dass sich der sendungsbewußte "Journalist" außer dem c&p/Agenturmeldungen-"Journalismus" auch weiterhin der Spekulatiusvermutungen widmen wird, um nicht nachvollziehbar zu behaupten "irgendwie" doch Recht gehabt zu haben - womit auch immer.




 Update 11.11.2014 - 07:45 
Nun hat sich auf "Sobirajs Denunziantenstadl" Samuel David Klyk höchstselbst gemeldet, ergo der sagen wir "Ur-Betreiber" von boerse.bz. Neben der schönen Aussage ZX80 aka Plauzi wäre nie "Betreiber" gewesen, stellt er neben einigen Details (seit 2011 ausgestiegen) weitere Aufräumarbeiten in Aussicht. Jetzt sind wir mal gespannt, wie das mit dem "Zurückrudern" funktioniert.

Text
Eine der Grundpflichten illegaler und dubioser Rechtsberater, die sich mit dem Thema "Abmahnwahn-Filesharing" (eher Internet-Medienrecht) beschäftigen, ist es sich von "Szenen", wie der (heute) "Uploader" stark abzugrenzen. Selbstredend sucht der eine/andere Abmahner eine unlautere Verbindung zwischen der "Szene" und der eigenen Person zu ziehen ("Kreuzritter gegen den Abmahnwahn"). In Wahrheit gibt es keine Verbindungen, weil man schlicht keinen Kontakt zu den "Szeneforen" sucht. 

Natürlich beschäftigen sich manche Fälle - wie BGH - Bearshare - mit Konstellationen, die über den üblichen Vorwurfsbereich hinaus gehen. Aber wie wir hier schön erkennen können, grenzt man sich durch die Entwicklung und Verfechtung rechtlicher Zielsetzungen von sowohl der "Szene" als auch dem "Abmahner" ab.

Dennoch kommt man ins öffentliche Gespräch.

So wie mit dem nun durch "Sobirajs Denunziantenstadl" als "Betreiber" von borse.bz geouteten ZX80 aka Plauzi. Mehr noch - er soll mit der GVU die aktuelle HD-Welle via STA Köln durch Datenweitergabe verantworten. Ein "anonymer Informant" habe versucht ZX80 aka Plauzi bei der GVU anzuschwärzen. Er sei aber darauf verwiesen wurden, dass man bereits seit längerem gegen diesen "ermittle". Ein weiterer "anonymer Zeuge" - nach eigenem Bekunden ein Massenuploader - schlägt ständig in die gleiche Kerbe. Der Realname und Wohnort findet sich in "Sobirajs Denunziantenstadl" mittlerweile zu Hauf. Das die GVU gerne ermittelt sollte klar sein. Für die Behauptung von Datentransfers in Ihre Richtung legt "Journalist" Sobiraj keinen Beleg aus seiner unter massiver Klickzahlenanschwellung leidenden $$$-Seite nicht vor. Und ist der Ruf erst ruiniert - wird noch über ein Dutzend andere "Gerüchte" schwadroniert.

Egal ob die alte emule-HD-Aktion 2004 (mit schönen emailadressen) - oder die HD-Aktion DDOS-GEMA aus (mit schönen dynamischen IPs) und nun auch heute. Die "Szenen" könnten es ja noch akzeptieren, wenn man Ihnen (nun mit Gerichtsbeschluss) mitteilen würde, dass der Unvorsicht durch Täter im Internet keine Grenzen gesetzt ist. Massenaktionen im dreistelligen Bereich finden stets so statt. Sie sind mehr Show - Substanz sieht anders aus: So wurde noch bei DDOS-GEMA großmächtig von Freiheitsstrafen von bis zu 5 Jahren (???) von der STA geträumt - die Einstellungsbescheide hat man nicht veröffentlicht.

Aber viel lieber ist es doch der "Szene", wenn sie Agitatoren wie Lars "Ghandy" Sobiraj hat, damit auch noch das letzte Hühnchen im Hühnerstall von seiner eigenen großen Bedeutung träumen kann. Jemand hat alle verraten - personifizieren - dann haben wir die schönen Merkmale des Populismus doch schon erfüllt und alle können sich ganz wichtig fühlen und es ihren Enkeln erzählen. Die Hintermänner und tatsächlichen Nutznießer ($$$) sind schon alle weg, es sei denn ... es ist ihnen wie bei richtigen Kriminellen oft vorkommend sowieso egal.

  "Schon mal etwas von Meinungsfreiheit gehört?"

Natürlich ist Sobiraj sicherlich ein guter "Techniker". Und googeln kann er auch. Vielelicht bringt er sogar fehlerfrei zwei drei Sätze hintereinander. "Journalist" war er nie. Nicht bei gulli - nicht bei "Netzpiloten" - nicht heute. Und mein persönlicher Grund nichts mit den "Szenen" zu zun haben zu wollen ist: Verschärftes substanzloses Denunziantentum. Oben für die Dollars - Unten aus Langeweile und kein eigenes Leben. [Sogar die Herrschaften der "rebels" haben ZX80 aka Plauzi stasitechnisch überprüft - sind aber zu ganz anderen Erkenntnissen gekommen.]

Ganz offen: Die aktuellen Vorgänge sind schlicht abstoßend widerlich. Bei den Kleinen sowieso. Bei den großen? "Sobirajs Denunziantenstadl"? Mandant der Kanzlei ... na bei welcher wohl. "Fachanwalt" ist man auch schon wieder. Hat nach dem Rausschmiss bei gulli uA auch dort gearbeitet und gilt dort als "Kenner der Szene" und wird brav im Rahmen von Werbungen verlinkt. Die Riege der besodneren "Fachanwälte" seht sich geradezu eine Abmahnorgie durch Waldorf-Frommer herbei und setzt schon mal über "Sobirajs Denunziantenstadl" die "Downloader" unter Druck.

Alle sind verraten worden. Beweise hat man nicht. Aber Realnamen und Bilder ZX80 aka Plauzi. Das soetwas auch mal schief gehen kann und jeden Tag ein Irrer aufsteht der ZX80 aka Plauzi Haus, Auto, ihn selbst abfakeln könnte - "Meinungsfreiheit"! Die Anwälte, die auf diese Seite verlinken können einem Leid tun. 

PS: Und da war doch noch was? Rrrrichtig: Im September 2013 hats Herr "Meinungsfreiheit" ja schon mal mit mir versucht. Die strittigen Kommentare sind zwischenzeitlich aus "Sobirajs Denunziantenstadl" gelöscht. 

Dienstag, 4. November 2014

AG Magdeburg, Urteil vom 10.09.2014 - 150 C 1103/11


Heute nun ein etwas ausführlicher Bericht zu dem mehr als interessanten Vorgang, der durch ein mittlerweile rechtskräfitges Urteil des AG Magdeburg vom 10.09.2014 mit Aktenzeichen 150 C 1103/11 abgeschlossen wurde. Ein erster Bericht und der Volltext des Urteils finden sich hier. Allein schon die Länge des Verfahrens mit 1232 Tagen zwischen Datum der Anspruchsbegründung und Urteil ist erstaunlich.

Die Firma Logistep AG hatte angeblicher Weise am 28.10.2008 um 00:22 Uhr eine Verletzung an dem Programm "Duden Korrektor Plus 5.0" des Rechteinhabers "Bibliographisches Institut GmbH" fest gestellt, die nach der Durchführung staatsanwaltlicher Ermittlungen auf Strafanzeige zu dem Anschluss des späteren Beklagten führten. Im Mai 2009 erfolgte eine Abmahnung durch die Kanzlei Schutt & Waetke. Der Beklagte informierte sich über das Internetportal "Netzwelt.de". Er gab eine modifizierte Unterlassungserklärung ab und reagierte ansonsten nicht. Nach Mahnbescheid erhob die Klägerin im April 2011 Klage am AG Magdeburg.

Die Klägerin forderte an Rechtsanwaltsgebühren 661,00€ [1,0-Faktor aus Streitwert 15.000,00€ für die Abmahnung + 20,00€ Pauschale + 75,00€ Gebühren für den Strafantrag]. Dazu wurde ein Schadensersatzbetrag iHv 60,00 verlangt = 721,00€.

Die Verfügung des Gerichts vom 11.05.2011 bestand nur aus Regelfristen. Der Beklagte beauftragte nach Konsultationen mit Verantwortlichen des Portals Netzwelt.de (Filesharing-Forum) die bekannte Kölner Kanzlei Wilde - Beuger - Solmecke. Diese wurde von der Frau Rechtsanwältin Jennifer Hannemann vertreten. Es wurde aufgrund der Distanz Köln - Magdeburg die Einschaltung einer Terminsvertretung vereinbart. Ebenso freundete sich Frau Rechtsanwältin Hannemann mit dem Vorschlag des Beklagten an, dass sie für die Erwiderung für die Bereiche "sekundäre Darlegungslast - Tatvorwurf" und insbesondere "Technik" ein Script des Autors dieses Textes verwenden würde. Die Inhalte des ersten Bereiches sind im Urteil sehr schön nachzulesen. Natürlich ist schon der erste Vortrag mit mehreren Seiten zu beziffern. Die Arbeit an der "Technik" muss gesondert beschrieben werden. Weitere Einwendungen (Aktivlegitimation, etc.) waren unnötig.

Die Klageerwiderung befasste sich im technischen Bereich zunächst mit den in der Begründung vorgelegten Daten. So konnte schon bemängelt werden, dass als Zeuge für die Ermittlung ein gewisser Herr W. der Firma Logistep AG aufgeboten wurde, während in der Strafanzeige noch die Herren O., A. und K. als Zeugen genannt wurden. Weitere Datenfehler traten auf: In der Begründung wurde von einem "Abmahnschreiben" aus dem März 2008 berichtet. Es kam zu unterschiedlichen "Netznamensangaben" (DTAG-DIAL 20 + 24). In der Strafanzeige wurde eine andere IP-Adresse, als die angeblich ermittelte angegeben. Ebenso wurden in der Anzeige "mehrere Probedownloads" behauptet - oben ersichtlich ging es um einen einzigen Zeitpunkt. Und zuletzt wurde eine falsche "Produktbeschreibung" der Anzeige beigelegt. Dies alles kümmerte die STA Magdeburg in keinster Weise. Die Klägerin berichtete in einem späteren Vortrag ... von "Absprachen". Nun denn.

In der gleichen Strafanzeige führte die spätere Klägerin jedoch an, dass die Firma Logistep AG der gegenständlichen IP-Adresse den "Regionaleinwahlknotenpunkt Oschersleben" zugeordnen konnte. Dies war auch noch im mittlerweile eingetretenen Juni 2011 so. Dieser Ort liegt jedoch 30 Kilometer Luftlinie vom Standort des Beklagten in Magdeburg entfernt. Der Autor ist so ehrlich und gesteht, dass dieser Einwand nur "der Ordnung halber" damals vorgebracht wurde. Was daraus entstand  ... war nicht beabsichtigt! Natürlich wurden noch eine Vielzahl an weiteren "Regel"-Argumenten vorgebracht, die sich auch im Urteil wieder finden. Der "Regionalknotenpunkt" findet sich nur kurz erwähnt.

Die Klägerin antwortete umfangreich zu den beiden Hauptpunkten (zum Vortrag "sekundäre Darlegungslast" wortreiches Bestreiten mit Nichtwissen) und ausführlich zur Technik.

Das Gericht - überraschte jedoch alle - nicht zum letzten Mal. Selbstverständlich wurde die Anspruchshöhe diskutiert. Das Gericht verfügte einen Streitwert für die Unterlassung iHv 3.000,00€. [Gegenstand damit 344,00€ - relevant für eine spätere Berufungsmöglichkeit, da diese ohne zwingenden Grund nur bis zu einem Gegenstandswert iHv 600,00€ zuzulassen wäre.]

Es wurde ein Termin zur mündlichen Verhandlung auf den November 2001 bestimmt und verschoben. Er fand im März 2012 statt. Auf Beklagtenseite trat Herr Rechtsanwalt Ronni Krug aus Magdeburg auf. Die Klägerin schickte ebenso eine Terminsvertretung.

Das Gericht schockierte alle - In der 10-minütigen Verhandlung kam das Gericht sofort auf den Punkt: Es ginge von einer fehlerhaften Ermittlung aus, da die Unstimmigkeit zwischen Einwahlknotenpunkt und Standort des Beklagten nicht von der Klägerin geklärt worden sei. Das Gericht hatte kurzerhand den Vortrag des Beklagten zur hauseigenen IT verbracht - und diese hatte dem Beklagten recht gegeben. Eher "netterweise" erhielt die Klägerin nochmals Gelegenheit zu Stellungnahme - Verkündungstermin wurde auf den 02.05.2012 bestimmt. Es sollte nicht der letzte sein.

Die Spendenaktion gegen den Abmahnwahn trat nun auf - denn die Kosten der Terminsvertretung wurden abgerechnet. Die Kanzlei Wilde - Beuger - Solmecke setzte eine neue Rechtsanwältin ein.

Die Klägerin trug nun ernsthafter zu dem Thema der IP-Regionalisierung vor. Das Gericht sah sich veranlaßt den Termin zur Verkündung einer Entscheidung zu verlegen. Es überraschte erneut - mit der Einsetzung eines unabhängigen Sachverständigen zur IP-Frage. Die Klägerin zeigte sich erstaunt. Zwischenzeitlich konnte der nicht minder erstaunte Autor dieses Textes ein ausführliches "Parteigutachten" erstellen, welches sich gegen die vorgetragenen Ansichten der Klägerin wandte. Die Spendenaktion gegen den Abmahnwahn zeigte sich interessiert und sagte dem Beklagten auch die Unterstützung im Bereich "Sachverständigengutachten" zu.

Es kommt im August des Jahres 2012 zum "offenen Streit". Zwar trägt RAin Niddemann obschon weniges aus dem "Privatgutachten" des Autors vor, worüber er heute immer noch verschnupft ist [Ironie]. Die IP-Adressenermittlung und das Thema "Regionalknotenpunkte" wird jedoch nicht unstreitig gestellt. Schriftsätzlich antwortet die Klägerin im September 2012 und signalisiert, dass sie den Beweis via "Sachverständigengutachten" zu dem nach ihrer Ansicht irrelvanten Thema führen möchte.

Im Dezember 2012 beschließt das Gericht - nein - keinen Beweisbeschluss. Das Gericht führt aus, dass es im Vortrag der Klägerin nicht erkennen kann, wie die Zuordnung des Beklagten zu der gegenständlichen IP-Adresse erfolgen konnte. Erst wenn dies geklärt sei, werde die Frage des "Reginalknotenpunktes" zu hinterfragen sein.

Die Klägerin antwortet sehr ernsthaft im Februar 2013. Danach geschieht .... erst einmal nichts, bis ein neuer Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung auf den Januar 2014 terminiert wird.

Das Gericht erörtert im Termin die Sach- und Rechtslage und bestimmt einen Verkündungstermin auf den 26.02.2014.

Der Verkündungstermin - fällt aus. Es kommt zu Verwicklungen. Das Gericht äußert sich kurz vor der Verkündung noch in Richtung Abweisung der Klage. Kurze Zeit später wartet der Beklagte im Zimmer, in dem die Verkündung statt finden soll. Erfolglos....

Es wird statt dessen im Mai 2014 durch das Gericht eine Zeugenbefragung der Ehefrau des Beklagten und der gemeinsamen Tochter verfügt. Der Beklagte gibt eine Auslagenverzichtserklärung ab. Der Termin findet im Juni 2014 statt. Das Gericht legt nun den Verkündungstermin auf den 09.07.2014 fast.

Der Termin am 09.07.2014 - fällt aus. Ohne weiteren Kommentar des Gerichts trifft aber dann im September 2014 die Klageabweisung ein. Die Klägerin hat auf eine Berufung verzichtet.

Montag, 3. November 2014

LG Hamburg Urteil vom 07.08.2014 - 327 O 118/14

Vorsicht vor irreführender Werbung im Internet!!!

"Wir reisen mit leichtem Gepäck und treten regelmäßig vor den Amtsgerichten in Leipzig, Hamburg, Köln und München auf."

Seit längerem finden sich im Internet auf Anwaltswebseiten, oder deren Werbeanhängsel Versuche sich nach der Einführung des § 104a UrhG "deutschlandweit" Mandanten zu sichern.

Über die Kostenfolgen wurde bereits hier berichtet. Ganz besonders stören hierbei Werbemodelle, die mit billigen Tricks die Folgekosten zu verschleiern suchen.

Nun hat das LG Hamburg mit obigem Urteil - hier im Voltext nachzulesen - entschieden, dass Werbungemodelle unter Angabe mit Ortsnamen irreführend im Sinne des §§ 3, 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UWG sind.

Das Gericht führt aus: "Maßgebend für die Beurteilung einer Werbeaussage nach § 5 UWG ist das Verständnis des angesprochenen Verkehrs, hier der Rechtsrat suchenden Verbraucher, mithin der allgemeine Verkehr. Bei der Beurteilung der sich an den allgemeinen Verkehr wendenden Werbung ist auf das Verständnis eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Marktteilnehmers abzustellen, der die Werbung mit einer der Situation entsprechend angemessenen Aufmerksamkeit zur Kenntnis nimmt (vgl. BGH GRUR 2004, 244, 245 - Marktführerschaft; BGH NJW-RR 2004, 1487, 1489 - Größter Online-Dienst). Das Verkehrsverständnis der streitgegenständlichen Werbeangabe kann die Kammer dabei aus eigener Sachkunde beurteilen, da auch die Mitglieder der Kammer zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören.

Der Verkehr erwartet bei der angegriffenen Auslobung „HAMBURG, BERLIN, MÜNCHEN, KARLSRUHE, LEIPZIG ... RECHTSANWÄLTE VERTRETEN IHREN FALL", ein physisches Vertretensein der Beklagten an diesen genannten Orten, sei es durch Niederlassungen oder zumindest verbundene Büros, was aber unstreitig nicht der Fall ist.

Gerade der Gruppe von Rechtsrat suchenden enttäuschten Anlegern, aber nicht nur diesen, ist eine persönliche Betreuung ihrer Angelegenheit regelmäßig wichtig und eine leichte Erreichbarkeit ihres Rechtsanwaltes, d.h. mit Kanzleiräumen in den genannten Städten, in die er zu Besprechungen mit seinen Anlageunterlagen kommen kann. Für diese Kreise ist es daher gerade nicht ausreichend, dass die Beklagte - wie alle Rechtsanwälte seit dem Fall der Singularzulassung - vor jedem Landgericht der Republik auftreten kann. Hiermit zu werben, wäre - ohne dass es vorliegend darauf ankäme - im Grunde eine Selbstverständlichkeit. Die Beklagte wirbt aber gerade nicht mit bundesweiter Tätigkeit oder der Angabe eines geographischen Bereichs, sondern nennt bestimmte Städtenamen - was regelmäßig für die Listung in Suchmaschinen Vorteile bietet.
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