Dienstag, 24. Dezember 2013

Weihnachten 2013 - Massenklägerischer Abmahnwahnsinn


Auch in diesem Jahr glänzten einige Massenkläger durch "Tausende Klagen" an verschiedenen Gerichtsständen. Hier eine fiktive Jahreschlussrechnung.

"Sehr geehrter Herr Reichteinhaber, wir erlauben uns heute eine Abrechnung für 2013 und die Maßnahme "Abmahnung Formel3000" vorzulegen.

Von den 5.000 Klagen, die wir 2013 erhoben, sind 4.999 abgeschlossen. 1.500 der Beklagten versäumten Fristen, oder zahlten. 3.499 vergleichen zu 350,00€ bei Kostenaufhebung.

Vereinbarungsgemäß berechnen wir für die Abmahnungen selbst 1.660.000,00€. Die Kosten für die Mahnbescheide belaufen sich auf 376.000,00€. Die Kosten für die Vergleiche lauten 682.305,00€. Die Kosten für die Zahler/Versämer machen 292.500,00€ aus. Das macht 3.010.805,00€ (ohne Mehrwertsteuer).

An Eingängen verrechnen wir 1.015.500,00€ durch die Zahler. Die Vergleicher steuerten 1.224.650,00€ bei.  Die Summe ergibt 2.240.150,00€, wovon Ihnen jedoch nur der Schadensersatzanteil zu Gute kommt. Bei den Zahlern sind dies 150,00€/Nase = 225.000,00€. Bei den Vergleichen anteilige 108,91€ = 381.093,85€. 

Die Gesamtdaten 2013 = 
Aufwendungen = 3.010.805,00€ 
Erlöse = 606.093,85€ 
Saldo = - 2.404.711,15€

Sie müssen uns natürlich nichts mehr erstatten, denn aus den vorhergegangenen Abmahnaktionen zu 20.000 Abmahnungen wären Ihnen zwar 6.640.000,00€ an Rechtsanwaltskosten entstanden, die wir aber intern bei einer Zahlerquote von 40% bei 450,00€ und damit 3.600.000,00€ verrechnen können, wobei Ihnen zwar nur 944.000,00€ vertraglich zustünden, aber wir sind heute mal nicht so. Natürlich darf das nicht an die Öffentlichkeit gelangen. Wir weisen auf die Sonderverschwiegenheitsverpflichtung von früher hin. 

Wir haben jetzt 3.600.000,00€ + 2.240.150,00€ eingenommen. Abzüglich der Gerichtskosten  von 61.232,50€ bleiben dann noch 5.778.917,50€, die wir brüderlich aufteilen. Von Ihren 2.889.458,75€ ziehen wir Ihnen naber noch die Ermittlungs- und Beauskunftungspauschale pro erfolgter Abmahnung iHv 60,00€ ab: 1.200.000,00€. Es bleiben Ihnen noch 1.689.458,75€ übrig. 

Wir denken, dass dieses ein gutes Geschäft für sie und uns war und wünschen fröhliche Weihnachten.

Ihre Abmahnkanzlei

PS: Einer wehrt sich noch - den macht das Gericht aber eben fertig."

AG München, Urteil vom 19.12.2013, 161 C 8756/11


Das Urteil ist nicht rechtskräftig












Dienstag, 17. Dezember 2013

AG Charlottenburg, Urteil vom 01.11.2013, 224 C 365/13

Quelle: JurPC Web-Dok. 206/2013


Leitsätze (der Redaktion):




  1. Der Rechteinhaber in Filesharing-Fällen muss vortragen, dass die Ermittlungssoftware unter den Umständen des Einzelfalls einwandfrei funktioniert hat. Der pauschale Vortrag, die Ermittlungsergebnisse, die die Software liefere, sei in eidesstattlichen Versicherungen der Mitarbeiter der Ermittlungsfirma nach erfolgter Datensicherung niedergelegt, genügt demgegenüber nicht.
  2. Wird die fehlerfreie Ermittlung der IP-Adresse mit einem konkreten Sachvortrag im Einzelfall bestritten, ist es Sache des Rechteinhabers den konkreten Gang und Weg der Ermittlung unter Darlegung der Providermitteilung konkret darzulegen, um den Weg der Auskunftsdaten hinsichtlich etwaiger Fehlerquellen nachvollziehen zu können.

Auf die Entscheidung hat freundlicherweise Herr RA Dirk Wojciechowski-Witsch, Dortmund, hingewiesen.





OLG Köln, Urteil vom 06.12.2013, 6 U 96/13













Montag, 16. Dezember 2013

Dienstag, 10. Dezember 2013

Redtube - Spezial 10.12.2013

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Donnerstag, 7. November 2013

AG Hamburg - 32 C 125/12 - Klagerücknahme


Einleitung

Letztlich dürfte bei dem Beklagten, der sich hiermit bei seinem Team bedankt, die Erleichterung über den dann doch schnellen Verfahrensabschluss überwiegen. Dieses hätte aufgrund der Entwicklung des Rechtsstreits durchaus noch Jahre dauern können. Besonderen Dank an FrauRechtsanwältin Simone Winkler, Kanzlei Schulz, Winterstein, Schoreit, Buck, Harders, Ahrensburg.

Das Ergebnis vorweg: Die Klägerin zog im November 2013 ihre Klage zurück. Der Beklagte stellt jedoch keinen Kostenantrag nach § 269 ZPO, Abs. 2, Satz 3 und Abs. 4. Damit hat er nach RVG den Betrag von 352,50€ selbst zu erstatten.

Sachverhalt und Verlauf 2012

Im September 2009 soll es nach Angaben einer in der Schweiz firmierenden Ermittlungsfirma zu einer Rechtsverletzung an einem Werk eines Berliner Pornoherstellers über den Internetanschluss des Beklagten gekommen sein. Er erhielt eine Abmahnung einer Hamburger Kanzlei, die sich unter anderem auf Pornoabmahnungen spezialisiert hat. Im weiteren Verlauf erhielt der Beklagte eine zweite Pornoabmahnung, die allerdings im Verfahren keine besondere Rolle spielen konnte (und die mittlerweile verjährt ist). Denn der Beklagte befand sich zum angeblichen Tatzeitpunkt im September 2009 mit seinem Sohn (Baby) alleine zu Hause. Seine Lebensgefährtin verfügte zu diesem Zeitpunkt über kein internetfähiges Endgerät und war zudem arbeiten. Der W-LAN-Router des Beklagten war ordnungsgemäß verschlüsselt. Das Eindringen eines unbekannten Dritten daher kaum möglich. Somit lag eine Konstellation vor, die wenig für den Beklagten sprechen ließ.

Der Beklagte jedoch, selbst Musiker und daher auch mit der Urheberrechtsthematik befasst, wandte sich strikt gegen den Vorwurf das streitgegenständliche Werk unerlaubt verbreitet zu haben. Er bestritt die ordnungsgemäße Ermittlung der Tathandlung. Er bestritt sowohl die ordnungsgemäße Beauskunftung, als auch die Legalität des Vorgangs, da die Klägerin sich des berüchtigten „zweistufigen Beauskunftungsverfahrens“ befleißigt hatte, also zuerst mit Gerichtsbeschluss Daten eines Providers erlangte (Benutzerkennung), um mit diesen Daten die personenbezogenen Daten des späteren Beklagten über den Reseller ohne Gerichtsbeschluss einzuholen.

Die Klägerin verlangte neben der Erstattung von 859,80€ Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung noch 1.000,00€ Schadensersatz. Sie argumentierte, dass die Ermittlungen ordnungsgemäß abgelaufen seien. Daher sei der Beklagte nach der herrschenden Rechtsmeinung über den Weg einer „tatsächlichen Vermutung“ für den Vorfall verantwortlich zu machen. Sein Vortrag wäre nicht ausreichend, um diese „tatsächliche Vermutung“ zu erschüttern.

Das Gericht enthielt sich zuerst einer Meinung und beraumte eine mündliche Verhandlung im Dezember 2012 an.

Verlauf 2013

Eine gütliche Einigung in der mündlichen Verhandlung scheiterte. Hierauf verfügte das Gericht, dass Beweis über die Behauptung der Klagepartei zu erheben sei, dass zum Tatzeitpunkt im September 2009 über die IP-Adresse, die dem Beklagten zugeordnet wurde, die streitgegenständliche Datei anderen Tauschbörsennutzern angeboten wurde, dass diese Datei von der ermittelnden Stelle selbst herunter geladen worden sei und es zu einem Vergleich mit dem Orginal kam. Hierzu sei der Geschäftsführer der ermittelnden Firma wie von der Klägerin als Beweismittel angeboten als Zeuge zu hören.

Die Beweisaufnahme fand Ende Januar 2013 statt. Auf Seiten des Beklagten gesellte sich als sachverständige Person ein Informatikprofessor aus Hamburg hinzu. Bekannter Maßen ermittelt die im Herbst 2009 in Tauschbörsen für die Klägerin tätige schweizer Firma durch die Teilnahme an den Rechtsverletzungen mittels eines Filesharing-Clients (Shareaza) und fertig über die durch diesen Client angezeigten „Peer“-Listen Screnshots zu einer jeweiligen Sekunde an. Das Fazit des Gerichts: Die Aussage des Zeugen „reicht indes für sich genommen nicht aus, die Richtigkeit der Ermittlungen der X. AG zur hinreichenden Überzeugung des Gerichts zu beweisen. Fragen zum technischen Hintergrund der Ermittlung von IP-Adressen durch das Programm „Shareaza“ konnte der Zeuge, eigenen Angaben nach kein IT-Experte, nicht hinreichend beantworten.“ Ein zwischenzeitlich eingereichtes „Parteigutachten“ eines „Betriebswirts“ und „Internetdiensteanbieters“ wurde nicht als Beweisangebot anerkannt. Der Rechtsstreit wurde zu diesem Punkt durch das Gericht als nicht entscheidungsreif bezeichnet.

Zuvor jedoch das Gericht zu den fraglichen Ermittlungen ein unabhängiges Sachverständigengutachten in Auftrag geben wollte, sollten zu der Thematik der „ordnungsgemäßen Ermittlung“ Zeugen vernommen werden. Zuletzt hatte die Klägerin noch hierzu unter anderem den Zeugen Ralph Dommermuth benannt, worauf hin das Gericht nachfragen musste, ob die Klägerin glaube, dass diese Person Auskunft über die kommende Beweisfrage geben könne.

Hierauf fanden Verhandlungen zwischen den Parteien statt, die zu dem erwähnten Ergebnis führten.

Persönliches Fazit

Es mag sich jeder selbst fragen, wie er in der Konstellation „Pappa/Anschlusinhaber allein zu Hause“ auf das Angebot/Ergebnis reagiert hätte. Bis zum Zeitpunkt des Endes des Verfahrens wurden jedenfalls beklagtenseits die richtigen Fragen durch die richtigen Personen gestellt. Ein solches Verfahren kann man auch mit Urteilen gewinnen.

Jedoch nahm dieses Verfahren die gleichen grotesken Züge an, wie das Verfahren AG Köln 125 C 602/09. Prognostizierte Dauer 4,5 Jahre, hier ein Ermittlungs-Kronzeuge der vor Gericht durchfällt, ein Vorstandsvorsitzender, der über die Beauskunftung in seinem Haus Zeuge stehen soll, ein recht verunsichertes und nicht handlungsstarkes Gericht.... jeder mag sich hierzu seinen Teil denken. Gerne wird an Verfahren wie an die Logistep-Verfahren am LG Berlin 15 O 1/11 + 15 O 2/11 erinnert, in denen das Gericht aus eigener Sachkunde heraus handlungsstark und zügig urteilte.So etwa shat weiterhin seltenheitswert.

Ein Ablaufbeispiel sei zum Abschluss erwähnt, damit man sich eine Vorstellung über den verwendeten Begriff „groteske Züge“ machen kann. „Die … verwendete Uhr wird automatisch per Internet jeweils alle 30 Minuten mit dem Atomzeitserver der physikalisch-technischen Bundesanstalt in Braunschweig ...“ Tatsächlich. Aus diesem Muster-Textbausteinauszug einer Begründung geht nicht hervor, WAS die „verwendete Uhr“ nun mit dem ptb-Server alles so anstellt. Geimeint ist, dass die Uhrzeit mit dem Server synchronisiert wird. Die „verwendete Uhr“, ein noname-Freeware-Programm wurde beim Ermttlungsvorgang eingeblendet, damit der Ermittler (und später das Gericht) die korrekte Uhrzeit der Ermittlungshandlung angezeigt bekommt. Der Beklagte wandte uA ein, dass ein Zeitraum von 30 Minuten für eine Zeit-Synchronisation zu weit gefasst sei (Intoleranzen). Die „Konkurrenz“ arbeite löblich mit 5 Minuten-Abständen. Die „Freeware-Uhr“ wurde in Bezug zur Systemzeit als bedenklich eingestuft (Intoleranz-Beleg). Die Klägerin gab im Verlauf an, dass nicht die „verwendete Uhr“ sondern die Systemzeit selbst mit dem ptb-Server synchronisiert wird. Als Beweis legte die Klägerin einen Screenshot vor. Die Synchronisation fand demnach über das normale Windows-Modul hierfür statt und insofern alle 24 Stunden (sofern der Rechner überhaupt zu diesem Zeitpunkt an war, also eventuell eher alle zwei Wochen). Der Beklagte unterwies danach die Klägerin, wie man die im Jahr 2009 behauptete Synchronisation richtig hätte machen können, wenn man den speziellen Anweisungen des Betriebssysteme-Herstellers gefolgt wäre, welche von der Klägerin nun eben mal nicht vorgetragen sind und daher auch nicht 2009 implementiert sein konnten.

Nun... irgendwie verständlich, dass die Klägerin hernach die Klage zurück zog.

Mittwoch, 30. Oktober 2013

Umstellungen - rka


Die neuen rka-Klagebegründungen der "post-Gesetz-gegen-unseriöse-Geschäftspraktiken-Zeit" sind da.

1.
Trotz in Kraft treten des § 104a UrhG, Abs. 1 werden die Klagen weiterhin ungeniert zB am beliebten AG Hamburg eingereicht. Eine Begründung fehlt. Vielfach geht nun aber in den Verfügungen dieses nicht auf die Gesetzesänderung ein und äußert sich zur fehlenden Zuständigkeit nicht. Nach meinem Empfinden liegt hier bereits ein Konflikt mit § 504 ZPO vor. § 39 ZPO zieht nicht, da eine Belehrung nach § 504 ZPO unterblieben ist.Jeder Beklagte sollte auf diesen Punkt achten.

2.
Die Firma Logistep Deutschland hat mal wieder Republikflucht begangen. Man kann auch sagen, endlich sind die aus meinem geliebten Heimatland weg. Man firmiert nun (auch nachlesbar im Impressum der Webseite) in 02826 Goerlitz.

3.
In Sachen Gegenstandswert fand eine erneute "bedeutende Reform" statt.

3.1
Wie üblich wird im Bereich der Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung ein besonderer, mit der jeweiligen Klägerin ausgehandelter Wert geltend gemacht. So zum Beispiel der Betrag 368,00€.

Hinweis: Wie immer wird nicht dargelegt für was genau der Betrag stehen soll. Eine "Vereinbarung" zwischen Abmahner und Rechteinhaber wird nicht vorgelegt. Die "Vereinbarung" käme auch den Beklagten zu Gute, da diese bei Ansatz im Markt kursierender Gegenstandswerte (mein Begriff) mehr bezahlen müßten.

3.2
Gesondert geltend gemacht werden nun aber die Kosten für das Auskunftsverfahren ohne "Ermittlungskosten", welche (anders als ab und an zuvor) anteilig genau berechnet werden, also zum Beispiel nur 17,00€ betragen. Zumindest nach Aussagen des Gesetzgebers in BT-Drs. können diese Kosten vom Täter selbst als Schadensersatz geltend gemacht werden. Also nicht vom Störer.

3.3
Dagegen wird der eigentliche Schadensersersatz für die unerlaubte Handlung mit regelmäßig nur 100,00€ beziffert.




Freitag, 25. Oktober 2013

AG Hamburg, Urteil vom 11.10.2013, 22a C 93/13

Klageabweisung wegen örtlicher Unzuständigkeit des Gerichts

Auf die Entscheidung hat die Kanzlei Sakowski Rechtsanwälte in Heidenheim/Brenz hingewiesen.