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Zu der mündlichen Verhandlung vom 15.10.2012 nun der Bericht des Herrn Rechtsanwalts und Notars Volker Küpperbusch, Kanzlei Dr. Stracke, Bubenzer & Kollegen, Bielefeld. Der Bericht wurde redaktionell geringfügig verändert.
Fortgang der Verfahren
Die Berufung vor dem Kammergericht wurde
von den Klägern in beiden Fällen umfänglich begründet. Die
Bevollmächtigten der Kläger, eine Kanzlei aus Hamburg, versuchten dort,
die angebliche Rechteinhaberschaft ebenso wie die angebliche
Haftung des Beklagten (deren Annahme der aktuellen Rechtsprechung den
aktuellen Urteilen der Landgerichte Köln und Hamburg, des
Oberlandesgerichts Köln und des Bundesgerichtshofs widersprochen hätte)
nunmehr im Berufungsverfahren weiter zu begründen.
Dabei wurden im Verfahren der einen
Klägerin Beweismittel vorgelegt, deren Inhalt aufgrund tatsächlicher
Umstände, die der Richtigkeit entgegenstehen dürften, fragwürdig waren.
Den Hinweis, dass von Amts wegen nach pflichtgemäßem
Ermessen des Gerichts über die Frage der rechtlichen Behandlung –
Abgabe der Akte an die Staatsanwaltschaft – entschieden werden möge, hat
das Gericht nicht aufgenommen. Hierüber wird vom Beklagten zu
entscheiden sein. (Hinweis: Die Klägerin im Verfahren 24 U 167/11 hatte einen Beweis in Form einer eidesstattlichen Versicherung vorgelegt. Diese war von der beaufragten Ermittlungsfirma is Jahr 2009 datiert worden. Allerdings wurde ein Formular verwendet, welches - nach mehreren Namensänderungen der Firma - einer Firma die erst seit dem 24.03.2011 offiziell existent war zugehörig ist.)
Zurücknahme per ersten Berufung unmittelbar vor der Verhandlung per Telefax:
Am Morgen der Verhandlung um ca. 09:00 Uhr
ging in der Kanzlei des Vertreters der Beklagten die Berufungsrücknahme
ein, die gleichzeitig auch das Gericht erreichte, welches mit Beschluss
von 10:00 Uhr, eine Stunde vor der geplanten
Verhandlung, den Termin aufgehoben hat. Die Klägerin wurde des
Rechtsmittels für verlustig erklärt und hat alle Kosten des Verfahrens
1. und 2. Instanz zu tragen.
Die zurückgenommene Klage betraf das Verfahren 24 U 167/11, in welchem die oben angesprochenen Beweismittel enthalten waren.
Die andere Sache 24 U 168/11 wurde vor dem Kammergericht verhandelt.
Die Hinweise des Gerichts:
Die Verhandlung in der Sache 24 U 168/11
wurde mit den Anträgen begonnen. Der Vertreter der Klägerin bat das
Gericht darum, vor der Antragstellung erst die gerichtlichen Hinweise
abzuwarten. Das Gericht hat hierzu keinen Anlass
gesehen und mitgeteilt, dass nur bei abweichender Ansicht Hinweise
erforderlich seien, man werde aber auf Basis des Sachvortrags
entscheiden können. Damit war die Grundrichtung eindeutig.
Nach den Anträgen (die gleichen wie schon
im Verfahren vor dem Landgericht Berlin) gab das Gericht Hinweise
darauf, wie es die Sache beurteilt.
Der zuständige 24. Senat des
Kammergerichts unter Vorsitz des Vorsitzenden Richter am Kammergericht
Harte führte zum Vortrag der klägerischen Softwarefirma sodann Folgendes
aus:
Die Klägerin hat schon nicht ausreichend
dargelegt, überhaupt Rechteinhaberin zu sein. Nach dem sogenannten
Schutzlandprinzip hätte sie nach deutschem Recht Inhaberin von
Schutzrechten sein müssen. Sie hat es nicht geschafft, dies
dem Gericht darzustellen
- Die Klägerin ist nicht selbst Urheberin
des hier betroffenen Werkes. Sie hat vorgetragen, ca. 60
weisungsgebundene Programmierer hätten das Werk (in Polen) geschaffen,
weshalb sie Rechteinhaberin geworden sei. Dieser Vortrag
reiche zur Substantiierung des Vortrages nicht aus, nachdem „die
Beklagtenseite genau hier den Finger in die Wunde gelegt hat“. Die
Beklagtenseite könne hier zunächst wirksam mit Nichtwissen bestreiten,
da ihr selbst Mittel zur Erkenntnis selbst nicht zugänglich
seien. Es bleibe alleinige Sache der Klägerin, darzulegen und zu
beweisen, wie und von wem sie die Rechte erlangt haben will. Der Vortrag
der Klägerseite dazu sei zu faktenarm
Die Anforderungen an den Vortrag der
Klägerin dürften zwar nicht überspannt werden, eine konkrete Darlegung
der Vorgänge und Rechteübertragung sei jedoch unerlässlich
- Alleiniges Recht, welches der Klägerin
zur Verfügung stünde, wäre die Regelung des § 69b UrhG. Demnach wäre sie
Rechteinhaberin, wenn
Angestellte für sie weisungsgebunden die Programmierung
durchgeführt hätten (die Klägerseite sprach immer wieder von
„Freelancern“, dies dürften m.E. nach keine Personen i.S.d. § 69b UrhG
sein, der Senat hat sich dazu nicht geäussert)
- Der § 10 UrhG (Vermutung der
Urheberschaft) helfe der Klägerin nicht. Absatz 1 gelte nur für den
Urheber selbst, nicht aber für den Nutzungsberechtigten, das Gesetz
unterscheide zwischen Urhebervermerk und Copyright – Vermerk.
Darüber hinaus ist dort gerade nicht die Klägerin bezeichnet, sondern
eine andere Softwarefirma, so dass § 10 Abs. 2 UrhG auch nicht greift.
- Der § 10 Abs. 3 UrhG greife ebenfalls
nicht, da dieser nur für Unterlassungsansprüche und einstweiligen
Rechtsschutz gelte, also hier ebenfalls nicht anwendbar sei
- Tonträgerin ist die Klägerin ebenfalls
nicht, hat dies nur kurz angesprochen, aber keinen relevanten Vortrag
dazu gebracht. Rechte aus § 85 UrhG kommen also ebenfalls nicht in
Betracht.
- Anlass zur Zulassung der Revision durch
das Kammergericht bestehe nicht, es handele sich um eine
Sachentscheidung auf Basis des Vortrags, die Zulassungsbeschwerde
scheitert am Streitwert (zulässig ist die Beschwerde nur bei einem
Streitwert ab 20.000 €)
Zu den weiteren Fragen (fehlende Haftung
des Beklagten, keine Täterhaftung, keine Störerhaftung, Höhe der
Ansprüche etc) nahm das Kammergericht keinerlei Stellung, da (leider)
wegen nach dem derzeitigen Stand nicht bestehender
Rechteinhaberschaft hierzu kein Anlass bestand.
Der Klägeranwalt erhielt sodann Gelegenheit, darüber zu entscheiden, ob die Berufung zurückgenommen werden sollte.
Nachdem er kurz Rücksprache hielt, „bot er
an“, die Sache insgesamt zu beenden und auch keine weiteren Ansprüche
geltend zu machen, wenn der Beklagte zum Vergleich bereit sei, hier
einer Kostenaufhebung zuzustimmen, also seine
eigenen Kosten des Verfahrens zu tragen. Ansonsten werde man dann eben
vor einem anderen Gericht nochmal - diesmalaus „Störerhaftung“ -
vorgehen. Diesem „Angebot“ war nicht zuzustimmen, zumal nicht
unerhebliche Kosten durch die zwei Instanzen entstanden sind.
Die Berufung wurde dann zurückgenommen
und ein weiteres Verfahren vor einem klägerfreundlichen Gericht
angekündigt. Ich habe den Klägeranwalt bereits darauf hingewiesen, dass
dem zwingende rechtliche Erwägungen entgegenstehen
dürften. Es dürfte sich um den Versuch handeln, hier noch etwas Kosten
zu „retten“. Selbstverständlich wird der Prozessbevollmächtigte dem
Beklagten raten, sich mit den notwendigen Mitteln auch gegen eine solche
Inanspruchnahme, die schon unzulässig sein dürfte,
zu wehren. Man darf gespannt sein, ob die Drohung wahr gemacht wird.