Dienstag, 8. Mai 2012

AG Hamburg, Urteil vom 30.04.2012, Az.: 36a C 479/11

Update 10.05.2012
(Unbestätigt) Es wird nun im Net geplaudert, der Beklagte habe sich zur (An-)Zahlung durch eine Falschberatung durch eine "Verbraucherschutzzentrale" verleiten lassen. Damit wäre auch klar, dass er keine "modifizierte Unterlassungserklärung" abgegeben hat, sondern ein Schmierstück mit der rechtlichen Wirkung eines doppelten Schuldeingeständnisses.

Heute berichtet die Kanzlei von Dr. Martin Bahr von einem neueren Urteil des Amtsgericht Hamburg (nicht rechtskräftig) in Sachen Rasch - "Musikindustrie". (Pressemitteilung)

Es liegt kein Volltext vor, also kann über die Hintergründe des Falls nicht spekuliert werden. Dennoch ist klar, dass die von dem Beklagten nach der Abmahnung getätigte "Anzahlung" von 250,00€ ihm das prozessuale Genick gebrochen haben dürfte. Es ist daher mal wieder dringend anzuraten, von solchen Praktiken Abstand zu nehmen, da eine "Anzahlung" stets als Schuldeingeständnis gewertet werden muss.

Wesentlich Neues bringt das Urteil nicht mit sich. Ein Vergleich zum Urteil des AG Hamburg vom 27.06.2011, Az. 36A C 172/10 (Volltext), in dem die Tathandlung selbst in der mündlichen Verhandlung vom Beklagten "zugegeben" wurde, zeigt keine wesentlichen Veränderungen.

Anzumerken sind folgende Dinge, die den Schadensersatz betreffen. Im Urteil vom 27.06.2011 ergibt die Rechung der Richter, nachdem die Klägerin offensichtlich nur einen Mindest-Schadensersatz in Höhe von 66,66€ pro  Musiktitel beantragte, einen "Basis-Schadensersatz" in Höhe von 100,00€ pro Musiktitel, auf den ein "Verletzerzuschlag von 50% = 50,00€ zu rechnen sei, was bei 15 Musiktiteln einen Wert von 2.250,00€ ergibt. Nun aber sind die Lebenshaltungskosten seit letztem Jahr für die schicken Autos per Benzinpreis drastisch gestiegen. Daher hält das Gericht es nun für erforderlich im Urteil vom 30.04.2012 die Sätze zu erhöhen. Pro Musiktitel sei nun ein Wert von 151,51€ (+51,51%) gerechtfertigt. Mit dem "Verletzerzuschlag" sind wir bei 11 Musiktiteln bei 2.500,00€.

Hinzu kommt (der Sachverhalt im Urteil vom 30.04.2012 wird nicht besprochen), dass im Urteil vom 27.06.2011 wie auch im neueren Urteil die vollständig idiotische These der "unbegrenzten Downloadmöglichkeit" einer fest gestellten Verbreitungszeit von 3 Stunden angedichtet wird. Sogar das Rasch-freundliche OLG Köln hatte gegen diese Theorie im berüchtigten "Hinweisbeschluss" 6 U 67/11, der allerdings nie in ein Urteil gegossen wurde geltend gemacht. Auch wenn gegen die lizenzanalogische Schätzung eines Schadensersatzes nichts einzuwenden ist - im Streitfall vom 27.06.2011 ist eine Verbreitung des Albums im Zeitraum von 3 Stunden durch den Beklagten nachgewiesen. Zu berücksichtigen ist, dass die Ermittlungsfirma der Klägerin das Album zuvor und später überwachte und damit genau fest stellen kann, ob die Zeitangabe realistisch ist. Mit einem einfachen Screenshotsystem (Intervall zB 10 Minuten) kann die tatsächliche Verbreitung zu einer konkreten Tathandlung nachgewiesen werden. Logischer Weise führt die physikalische Begrenzung des Angebots zu einer Beschränkung in der Masse. Hier würde man von maximal 135 Titeln, die verbreitet wurden ausgehen können, wobei die konkreten Schwarmteilnehmer fest zu stellen wären. Der aktuelle Satz (151,51€) wird nun nicht erläutert. In ein erlaubtes GEMA-Modell umgerechnet steht eine Verbreitung von 15 000 Verbreitungen entgegen. Es ist daher nur logisch anzunehmen, dass derjenige, welcher eingeht 135 Titel zu verbreiten (bewußt, über das Abschalten des Uploads) nie im Leben eingewilligt hätte eine Vereinbarung zu 15 000 Titeln zu unterzeichnen. Zudem enthebt der "Verletzerzuschlag" des AG Hamburg auch die Ansicht "selbst schuld - wußte das es illegal ist" dieser Rechnung jegliche Grundlage.

Hauptpunkt aber ist: Selbst wenn man annähme, dass nur 10 Leute im Zeitraum von den berüchtigten 3 Stunden erwischt worden wären und die verteilten Fragmente in weiteren 50 Fällen relevant geworden wären ... wir sind dann bei 60 Abmahnungen mit einem Schadesersatzpotential in Höhe von 150.000€. Dem gegenüber steht ein relaer "Gewinnausfall" von ... etwa 270,00€.

Angesichts dessen darf sich das AG Hamburg den Nicknamen "Goldesel" gerne an die Türe kleben.

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