Dienstag, 28. September 2010

KG Berlin, Beschluss vom 02.09.2010, Az.: 24 W 72/10

Der folgende Bericht wurde durch die freundliche Unterstützung des Herrn Rechtsanwalts Volker Küpperbusch, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtschutz und für Urheber- und Medienrecht aus der Kanzlei Dr. Stracke, Bubenzer & Kollegen, Bielefeld ermöglicht.

Das KG Berlin hat im Rahmen einer Verfahrenswertbeschwerde einen durchaus interessanten Beschluss gefaßt. Eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren ist noch nicht erfolgt.

Zum Sachverhalt

Der Antragsgegner hatte im März des Jahres 2010 gegenüber der Antragstellerin, die über ein sehr enormes Repertoire an Musiktiteln verfügt und sich regelmäßig von einer sehr bekannten Medienrechtskanzlei vertreten läßt eine sog. modifizierte Unterlassungserklärung bezüglich eines Albums (lt Beschluss) einer bekannten Künstlerin abgegeben. Im Mai 2010 wurde jedoch durch eine Ermittlungsfirma eine angebliche erneute Rechtsverletzung bezüglich eines weiteren Tonträgers der Antragstellerin festgestellt und im Folgenden abgemahnt. Der Antragsgegner reagierte erneut mit einer modifizierten Unterlassungserklärung. Er verabsäumte jedoch die Einhaltung der gesetzten Frist um einen durchaus beachtlichen Zeitraum. Zum Fristablauf nebst einer kleinen Wartezeit hatte die Antragstellerin am Landgericht Berlin den Erlaß einer Einstweiligen Verfügung beantragt. Dem wurde statt gegeben.

Das Landgericht Berlin setzte als Streitwert (gemäß Antrag) für das Verfügungsverfahren fest:
LG Berlin 16 O 256/10:
Streitwert für Verfügungsverfahren 10.000,00€ für einen Musiktitel
Streitwert für Hauptsacheverfahren 15.000,00€ für einen Musiktitel

Streitwertbeschwerde

Der Antragsgegner führte darauf hin eine Verfahrenswertbeschwerde.

Am 25.08.2010 hatte das Landgericht Berlin die Beschwerde abgelehnt und den Fall dem Kammergerich Berlin zum Entscheid überbegeben. Das LG arguemtierte auf Basis des § 3 ZPO - Werfestsetzung nach freiem Ermessen. In der Begründung wies es auf den Umstand hin, dass es sich nicht um die erste Rechtsverletzung des Antraggegners handeln würde. Hinzugefügt wurde das die Richter (anders als zum Beispiel in München, oder wie in jeder gängigen Abmahnung vorgebracht) nicht etwa den "volkswirtschaftlichen Gesamtschaden" zu berücksichtigen hätten [BGH, Beschluss vom 30.11.2004, Az.: VI ZR 65/04]. Jedoch würde berücksichtigt, dass die Antragstellerin mit "erheblichem Kostenaufwand einen umfangreichen technischen Apparat zur Aufspürung von Rechtsverletzungen pflegen müsse, so daß ihr Unterlassungsinteresse nicht zu gering bemessen werden dürfe." [Hinweis: Zur letzteren Theorie gäbe es viel zu sagen, jedoch schwieg wie ich hier auch das KG Berlin dazu]

Der Beschluss des Kammergerichts

Das KG Berlin führte aus, dass das Landgericht den Streitwert nach den Grundsätzen die das KG Berlin vertritt beanstandungsfrei fest gelegt hatte.



Im Weiteren berichtet das KG Berlin äußerst Erstaunliches:




Der Beschluss vom 30.04.2010 - 24 W 45/10 ist bislang nicht veröffentlicht worden. Dankenswerter Weise stellte die bekannte Medienrechtskanzlei auf Seiten der Antragstellerin Datenmengen zur Verfügung die in Verbindung mit den Beschlüssen des KG Berlin wie folgt zusammen gefaßt werden können:

aktuelle Streitwerttabelle - Verfügungsverfahren

Kammergericht Berlin 24 W 45/10 - Beschluss vom 30.04.2010
Streitwert für Verfügungsverfahren 10.000,00€ für ein Album aus 12 Musiktiteln
(konkl.) Streitwert für Hauptsacheverfahren 15.000,00€ für ein Album aus 12 Musiktiteln

Kammergerich Berlin 24 W 72/10 - Beschluss vom 02.09.2010
Streitwert für Verfügungsverfahren gegen "Mehrfachabgemahnten" 10.000,00€ für einen Musiktitel
Streitwert für Hauptsacheverfahren dto. 15.000,00€ für einen Musiktitel

Landgericht Frankfurt 2-06 O 268/10 - Beschluss vom 07.06.2010
Streitwert für Verfügungsverfahren 50.000,00€ für fünf Musiktitel

Landgericht Leipzig 05 O 1631/10 - Beschluss vom Unknown/2010
Streitwert für Verfügungsverfahren 10.000,00€ für einen Musiktitel
Streitwert für Hauptsacheverfahren 20.000,00€ für einen Musiktitel

Landgericht Düsseldorf 12 O 509/09 - Beschluss vom 12.01.2010
Streitwert für Verfügungsverfahren 50.000,00€ für fünf Musiktitel

Landgericht Düsseldorf 12 O 313/10 und 12 O 297/10
- Beschlüsse vom 02.08.2010 und 13.08.2010
Streitwert für Verfügungsverfahren 10.000,00€ für einen Musiktitel

Landgericht Stuttgart 17 O 274/10 - Urteil vom 03.08.2010
Streitwert für Hauptsacheverfahren 10.000,00€ für einen Musiktitel (Überprüfung notwendig)

LG Hamburg 310 O 162/10 - Beschluss von ???/2010
Streitwert für Verfügungsverfahren 110.000,00€ für ein Album aus 26 Musiktiteln

Streitwerttheorie bezüglich einzelenen Musiktiteln


Das Kammergericht Berlin lehnt eine Korrektur des Streitwertes nicht gänzlich ab, sondern teilt mit das bei einer "isolierten Betrachtung" und entsprechendem Einzelfall eine Minderung möglich wäre. Zu einem konkreten Betrag äußerte es sich jedoch nicht:




Zum Abschluß mißt das KG Berlin vorgelegten "Chartauszügen" und sonstige Materialien über die legale Verbreitung des streitgegenständlichen Titels weder streitwertsenkende noch -erhöhende Wirkung im Verfahren bei.

Hinweis: Nach § 68 GKG, Abs. 3 sind solche Verfahren gebührenfrei. Jedoch werden keine Rechtsanwaltskosten erstattet.

OLG Hamm, Urteil vom 29.06.2010, Az.: I-4 U 24/10

Dr. Martin Bahr: Abbedingung des Verschuldenserfordernisses in Unterlassungserklärung Rechtsmissbrauch

Oberlandesgericht Hamm, Urteil v. 29.06.2010 - Az.: I-4 U 24/10 [Volltext]

"In das Bild, dass neben Vertragstrafen auch die Kostenerstattung im Vordergrund steht, passt auch, dass bei den Abmahnungen auch der unzutreffende Eindruck erweckt wird, Unterwerfung und Kostenerstattung gehörten zusammen, weil beide bei der Frage der Fristverlängerung verquickt worden sind, ohne dass das erforderlich wäre. Wenn sich bei der Abgabe der Unterlassungserklärung im Regelfall wegen der Dringlichkeit eine Fristverlängerung verbietet, kann das für die Frist, die für die Erstattung der Kosten gesetzt wird, nicht gelten. Es ist bemerkenswert, dass im Rahmen der vorformulierten Unterlassungserklärung in großer Schrift und unterstrichen die Fälligkeit der an den Anwalt zu zahlenden Gebühren hervorgehoben wird. Für den Schuldner muss dies den Eindruck erwecken, dass er die Gefahr gerichtlicher Inanspruchnahme nur dadurch verhindern kann, dass er neben der Unterlassungserklärung auch die Abmahnkosten umgehend erstattet."

Freitag, 24. September 2010

Die modUe in den Zeiten der Cholera

Update zum 11.10.2010
Mittlerweile hat RA André Breddermann seine Schreiben zum Thema Unterlassungsansprüche maßgeblich verändert. Die Formulierung "im Orginal" bedeutet nicht "DAS Orginal". Wer eine modifizierte Unterlassungserklärung per Einschreiben/Rückschein abgegeben hat und den Rückschein in Händen hält hat das Dokument bereits "im Orginal" abgegeben. Ebenso Personen die bereits die Annahme durch die Kanzlei Schutt & Waetke übermittelt bekamen. Es bleibt jedoch weiterhin fraglich weshalb RA André Breddermann bezüglich des Themas Unterlassungserklärung nicht einfach in die ihm vorliegende Akte sieht. Dort liegt sie bereits ... die modifizierte Unterlassungserklärung. Oder sie liegt nicht dort.

Im Übrigen sind bereits Fristen abgelaufen und Herr RA André Breddermann hat bereits um Klageaufträge im dreistelligen Bereich gebeten. So zumindest seine Aussage.

Update (06.10.2010)
Es wird nun von einer Person berichtet, die in der Woche 39 bei RA André Breddermann schriftlich anmerkte sie habe bereits eine Unterlassungserklärung abgegeben schon eine Woche später ein erneuter Bettelbrief eintraf mit dem zusätzlichen Inhalt das die Unterlassungsansprüche nicht weiter verfolgt werden würden. (Tatsächlich... schlicht nicht weiter verfolgt...)

Seit einigen Monaten berichten Rechtsanwaltskanzleien wie hier RA Thomas Stadler exemplarisch von "technischen Problemen" bei der Erklärung der Annahme einer rechtsanwaltlich erstellten modifizierten Unterlassungserklärung durch Abmahnkanzleien. Neuerdings soll es nach ihm auch vereinzelte "ModUE-Rebellen" in solchen Kanzleien geben. Wie dieser blog berichtete geht auch die Kanzlei Negele in Augsburg in Klagebegründungen seltsam vor, da sie modifizierte Unterlassungserklärungen als Schuldeingeständniss geißelt.

Die bisher größte Abmahnerleistung in solchen Angelegenheiten vollbringt jedoch nach neueren Erkentnissen eine relative Person der Zeitgeschichte namens Rechtsanwalt André Breddermann aus Osnabrück, der in dieser Woche Abgemahnte der Kanzlei Schutt & Waetke mit erstaunlichen Schreiben beklückte.

Der Ablauf: Wie RAin Regine Filler beschreibt mahnt die Karlsruher Kanzlei im Namen eines kalifornischen Pornographieherstellers private Funknetzwerkbetreiber wegen der angeblichen unerlaubten Verbreitung von insgesamt drei Werken des Herstellers ab. Eine recht hohe Anzahl an Abgemahnten reagiert korrekt und sendet im Rahmen der gesetzten Frist eine modifizierte Unterlassungserklärung. Nach mehreren übereinstimmenden Aussagen erhalten danach die modUEler zügig einen sogenannten "Bettelbrief". Diese rügt den Nichteingang einer Zahlung, nimmt aber die abgegebene modifizierte Unterlassungserklärung für den Unterlassungsgläubiger an.

Nachdem nun Monate vergingen erhalten nun gerade diese Personen einen erneuten "Bettelbrief". Dieses Mal jedoch von der Kanzlei des Rechtsanwalts André Breddermann, Osnabrück. Soweit das Schreiben nun fordert das bisher nicht eingegangene Geld mit Fristsetzung zu begleichen dürfte -eine wirksame Bevollmächtigung durch die Rechteinhaber vorrausgesetzt- das Vorgehen rechtmäßig sein.

Der Rechteinhaber hat jedoch die Grundregeln der Anwaltsbeauftragung in diesem Fall nicht beachtet. Urheberrechtliche Abmahnungen gehören in die Hände von Medienrechts-Spezialisten. RA André Breddermann zählt ausweislich seiner Eigendarstellung nicht dazu und sein erster Versuch sich in diesem Rechtsgebiet zu tummeln schlägt vollständig fehlt.

Obwohl nämlich die Abgemahnten bereits die Wiederholungsgefahr durch die abgegebene und auch strafbewehrte modifizierte Unterlassungserklärung beseitigten (egal ob vom Rechteinhaber anerkannt oder nicht) erhalten diese Abgemahnten im folgenden Text des RA André Breddermann erläutert das dem nicht so sei:



Im Folgenden wird die Abgabe der Orginal Unterlassungserklärung gefordert



Und zum Abschluß verdeutlicht RA André Breddermann, dass er den Unterlassungsanspruch der überhaupt nicht mehr existiert gerichtlich einklagen möchte....



... worum er jedoch erst die kalifornischen Pornohersteller um Klageauftrag bitten würde, was mehr als mutmaßen läßt... RA André Breddermann verfügt wie weiland Schutt & Waetke im ersten Gang nur über eine außergerichtliche Vollmacht.

Ob RA André Breddermann sich jedoch bewußt ist das er mit einer Unterlassungsklage gegen abgegebene und angenommene modifizierte Unterlassungserklärungen Kosten im vierstelligen €-Rahmen*** die seine kalifornischen Pornohersteller zu übernehmen hätten sich selbst androht darf bezweifelt werden. (*** mit Terminsgebühr 3.292,65€ allein an RA- und Gerichtskosten, wobei man bei sowas gerne mal eine Negative Feststellungsklage gesehen hat.)

Die angeschriebenen Verbraucher die tatsächlich eine modifizierte Unterlassungserklärung abgegeben haben, die in Inhalt und Form den gesetzlichen Bestimmungen und den Regeln der Rechtsprechung entspricht, kurz: modUE, können sich natürlich beruhigt zurück lehnen und den "Bettelbrief" geniessen falls ihre Zahlungsentscheidung negativ ausgefallen ist. Personen die einen Rechtsanwalt/ eine Rechtsanwältin beauftragt haben können aber gerne diesem übermitteln das er/sie den Kollegen mal etwas in die Gepflogenheiten im Abmahnwahn einführt.

Ich gehe zudem davon aus, dass Herr Rechtsanwalt André Breddermann seinen Fehler bald erkennt und seine Schreiben den rechtlichen Gegebenheiten im Urheberrecht der Bundesrepublik Deutschland anpasst und man nicht groß die RAK und die Mandanten anschreiben muß.

Sonntag, 19. September 2010

Update Strafanzeige "Üble Nachrede"

Mit Urteil vom 09.09.2010 verfügte das Obergericht des Kanton Zug (Az. JS 2010 44 und JS 2010 45) die Abweisung der Beschwerde. Die Spruchgebühr wurde den Beschwerdeführern auferlegt (800SF + 70SF Auslagen).

Die Vorgeschichte liest sich hier und hier.

Gegen den Entscheid ist Beschwerde vor dem Schweizer Bundesgericht in Lausanne zulässig, auch wenn die Annahme des Falls dort nicht wahrscheinlich ist.

Aus der Urteilsbegründung
"Gemäss Art. 173 Ziff. 1 StGB wird bestraft, wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder üerdächtigt oder wer eine solche Beschuldigung oder Verdächtigung weiterverbreitet. Beweist der Beschuldigte, dass die von ihm vorgebrachte oder weiterverbreitete Ausserung der Wahrheit entspricht (Wahr:heitsbeweis), oder dass er ernsthafte Gründe hatte, sie in guten Treuen für wahr zu halten (Gutglaubensbeweis), so ist er nicht strafbar (Zitt.2). Der Gutglaubensbeweis ist erbracht, wenn der Täter nachweist, dass er die ihm nach den Umständen und seinen persönlichen Verhältnisse zumutbaren Schritte unternommen hat, um die RichtigkeitseinerAusserung zu überprüfen und siefürgegeben zu erachten (BGE 105 lV 118). Die Anforderungen an diese Prüfungspflicht sind geringer, wenn die Ausserung aus begründetem Anlass geschah, was etwa bei Strafanzeigen an die Polizei und andere Untersuchungsbehörden gilt (BGE 85 lV 184 f.). Allgemein ist zu beachten, ob mit der fragtichen Äusserung feststehende Tatsachen behauptet oder lediglich Verdachtsmomente vorgebracht werden' Wer bloss einen verdacht kundgibt, braucht nur zu beweisen, dass ernsthatte Gründe ihn zum Verdacht berechtigen; wer aber Tatsachen als gegeben hinstellt, hat ernsthafte Gründe für deren Annahme nachzuweisen. Dies gilt auch tür Ausserungen, z.B. Strafanzeigen, gegenÜber Strafverfolgungsbehörden (BGE 85 lV 185). Damit sich der Anzeiger nicht der Gefahr einer Verurteilung wegen Ehrverletzung aussetzt, muss es für den Gutglaubensbeweisnach Art. 173 Ziffer 2 StGB genügen,wenn der Anzeiger dartun kann,dass er in guten Treuen die ernsthaften Verdachtsgründe bejahte. Daraus folgt, dass Nachforschungen, ob der Verdacht sich letztlich auch tatsächlich als richtig erweise, nicht verlangt werden können (BGE 116 tV 209). [...] lm Übrigen sind die Beschwerdeführer darauf hinzuweisen, dass ein Anzeiger, um seiner Anzeige das nötige Gewicht zu verleihen, d.h. um zu vermeiden, dass die Verdachtsgründe für die Einleitung einer Untersuchung als nicht ausreichend betrachtet werden, gegenüber der Staatsanwaltschaft zeigen muss, dass er überzeugt ist, es gehe um Vorkommnisse, bei denen sich die Einleitung eines Strafverfahrens aufdränge. Wenn ein Anzeiger somit in seinen Eingaben nicht durchwegs Verdachtsgründe äussert, so darf dies nicht dazu führen, dass er den Gutglaubensbeweis für die entsprechenden Behauptungen als bestehende Tatsachen und nicht nur als Verdächtigungen zu leisten hätte. Dies wäre insbesondere nicht gerechtfertigt, weil die Grenzen zwischen der Behauptung einer Tatsache und der blossen Verdachtsäusserung bei entsprechender Ausdrucksweise fliessend sein können (vgl. BGE 116 lV 210)."

Dies sollte man sich angesichts des Logistep-Urteils und möglicher Aktionen hinter die Binde schreiben.

PS: Vorsicht Anwaltskosten!

In der Beschwerde über eine wie hier eingestellte Strafanzeige wegen übler Nachrede gegen jemanden der zum Beispiel eine Firma L. AG mit einer Strafanzeige bedacht hat ist derjenige Strafanzeiger gegen die L. AG nicht Partei. Er wird nur zur freiwilligen Stellungnahme (immer ratsam) aufgefordert und erhält daher keine Gelder für zum Beispiel anwaltliche Tätigkeiten im Beschwerdeverfahren.

Freitag, 10. September 2010

Das Logistep-Urteil

Über das gestrige Urteil des Schweizer Bundesgerichts in Lausanne wurde zwar ausreichend berichtet; mit der juristischen Deutung der Auswirkungen tut sich jedoch die ansonsten sehr kommentarfeudige Anwaltschaft schwer.

Beispieltexte von RA Marc Quandel und RA Ole Damm weisen richtig auf die Möglichkeit hin, dass die - rechtswidrig - von der Logistep erschnüffelten Daten nun einem Beweisverwertungsverbot unter liegen könnten. RA Ole Damm weist auch sehr richtig auf die anhängige Verfassungsbeschwerde gegen die Verwendung von rechtswidrig erlangten (Steuer)daten hin. Tatsächlich kann in diesem ... nicht mehr 2010 erwarteten Urteil des Bundesverfassungsgerichts auch für die Logistep-Daten einiges an erhellenden Richtergedanken stecken, wobei es vollständig egal ist um welche Daten (Verkehrsdaten) es sich handelt. Ein Blick in die Entscheide des Landgerichts Bochum um die es in der Verfassungsbeschwerde geht ist hilfreich.

LG Bochum 2 Qs 10/08 - Entscheidung vom 22. April 2008


"(aa) Es geht in der vorliegenden Konstellation nicht um ein zunächst rechtswidriges Verhalten der staatlichen Ermittlungsbehörden, sondern um ein strafrechtlich relevantes Verhalten einer Privatperson. Die Beweisgewinnung regelnden Vorschriften der StPO richten sich jedoch an die Strafverfolgungsorgane, nicht hingegen an Privatpersonen. Daraus folgt, dass Beweismittel, die durch Private in rechtswidriger Art und Weise gewonnen werden, grundsätzlich verwertbar sind. Die rechtswidrige Erlangung eines Beweismittels durch eine Privatperson schließt seine Verwertung im Strafverfahren nämlich grundsätzlich nicht aus (vgl. BGH, NJW 1978, 1390; BGH, NJW 1989, 2760)." - Keine Rolle spielt hier, ob der Private im Auftrag für Dritte für Geld rechtswidrig ermittelt hat.

Tatsächlich sind die Vorgänge (Tauschbörsenschnüffler - Tonbandaufnehmer - Bankdatenkopierer) sehr ähnlich. Es muß jedoch nach der Basisentscheidung des BGH auf das sich das LG Bochum stützt gewährleistet sein, dass: "Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die Verwertbarkeit eines rechtswidrig aufgenommenen Tonbands als strafprozessuales Beweismittel nicht ausgeschlossen, wenn die Aufnahme von einem Privatmann ohne Einverständnis des Betroffenen gemacht worden ist, sofern die Rechte der Verteidigung gewahrt werden und die Verurteilung nicht ausschließlich auf dem rechtswidrig erlangten Beweismittel beruht (NJW 1989, 654 ff.)." Bei Tauschbörsenschnüfflern der Logistep gibts jedoch nichts anderes als die rechtswidrig erlangten Beweismittel. [BGH, Urt. v. 12. April 1989 – 3 StR 453/ 88], es sei denn der Täter gibt zum Beispiel in einer Verhörung zu die Tat begangen zu haben.

Nun wird jedoch im staatsanwaltschaftlich unterstützten Massenabmahnwahn herzlich wenig ermittelt. Es wird massenhaft -mit Verweis auf den Privatklageweg- eingestellt, so daß allein die rechtswidrig erlangten Beweismittel Begründung für die Beauskunftung im Rahmen der Akteneinsicht an die Logistep-Beauftragten darstellen. Diese sind auch im späteren zivilrechtlichen Verfahren der oftmals einzige Beweis.

Dem steht jedoch gegenüber das nach § 28 BDSG eine (Erhebung und) Verwertung der Daten grundsätzlich erlaubt ist, denn der Tauschbörsenmensch zeigt seine Tat und seine IP-Adresse selbst vor, wobei dennoch bei ähnlichen Themen wie der Verwendung von heimlich gefilmten Taten die Rechtswidrigkeit der Beweismittelbeschaffung zur Unverwertbarkeit des Beweismittels führen kann. [vgl. Dipl-Jur Jens Ferner.]

Es wird also im Mindesten enorm spannend wie deutsche Zivilrichter in Zukunft die Sache handhaben.

Dienstag, 7. September 2010

Eine Frankfurter Peinlichkeit

Bereits gestern erlaubte sich ein mir bislang unbekannter Lokalredakteur der Frankfurter Rundschau namens Jürgen Schultheiß einen peinlichen Werbeartikel über unsere lieben Urheberrechtsschutzengel der Digiprotect GmbH. Vorgestellt werden seltsame Thesen einer ehemals bekannten Frankfurter "Künstlerin", wobei die rechtskräftige Vergangenheit in Sachen unerlaubte Vervielfältigungshandlungen verschwiegen wird.

Herr Jürgen Schutheiß findet es auch passend jegliche Bedenken zu rein monetären Interessen der Gruppierung um Digiprotect auszuschließen. Er erläutert nicht wie man sich das System vorzustellen habe und reitet auf belanglosen Einzelfällen herum. In der Gänze ist der Bericht stümperhaft und ersetzt Information und Recherche mit emotionalisierendem Geschwäsch.

"Das Unternehmen mahnt jene ab, die Musik aus dem Netz illegal runterladen und weiterverbreiten." + "„Wir mahnen niemand ab, die sich das einmal downloaden, wir wollen die haben, die es verteilen“, sagt Setlur. „Wenn wir das jetzt machen, dann hat man natürlich diesen negativen Beigeschmack, weil man sagt, oh Mann, da wird man abgemahnt." Neben viel Quatsch ist dieser realitätsferne Auszug für den illegalen und dubiosen Shual ... eine kleine Geschichte wert.

Dereinst im April 2008 hatte sich die Digiprotect GmbH mit einem seltsamen Rechteverwertungsauftrag eines Frankfurter Tonträgerherstellers versorgt. Der Vertrag mußte anschließend im Dutzendpack verbessert werden, weil der Ur-Vertrag auf alle möglichen Werke passte ... nur nicht auf diejenigen welche man damals noch bei der stets dienstbereiten Frankfurter Staatsanwaltschaft bestrafanzeigt hatte. (Natürlich kann der Artikel von Jürgen Schultheiß uns hier nicht Aufklärung geben, denn Herr Schultheiß hat vom Thema die berühmte Ahnung der Kuh vom Fliegen.) Ob es bei der Angelegenheit zu Straftaten kam dürfte sicherlich innerhalb der Verjährungsfrist zu klären sein. Im März 2009 kam es jedoch zum Showdown am Amtsgericht Frankfurt um eine der 20/30/40Tsd. Abmahnungen, die den eigentlichen wirtschaftlichen Erfolg der Digiprotect GmbH begründen. Wir reden hier allein über Gelder über 5 Millionen € die von privaten W-LAN-Berteibern abgeschweißt wurden. Man ist schon sehr auf die Buchungspraxis gespannt.

Ich persönlich war damals im "Betreuerstab" einer angesehenen Frankfurter Kanzlei und führte dort zwei besondere Rechtssteeitigkeiten ein die sich über das Netzwelt.de-Portal einfanden. Herr Jürgen Schutheiß hat im Übrigen großes Glück, dass er sich im Artikel nicht mit diesem Portal angelegt hat.

Es handelte sich bei den beiden Fällen um "Klassiker". Es dürfte dabei logisch sein, dass noch die letzte Loggerbude beim Warteschleifenkopieren in Tauschbörsen ab und an auch einen Treffer setzt. Man schätzt aus den damaligen Zeiten Ende 2008 die Erfolgsraten dabei auf 20% was Täter angeht. Der Rest ist äußerst strittig.

In Fall 1 wurde eine junge Dame (verantwortliche Mobilcom-Niederlassungsleiterin, die ihren Kunden stets und im Sinne der Unternehmensphilosophie die Gefahren des Filesharings eindrücklich nahebrachte) vor Gericht gezerrt, die zum angeblichen Tatzeitpunkt wie damals regelmäßig incl. Begleitung die schwer erkankte und erblindete Großmutter des Lebensabschnittsfährten pflegte. Ihre heimischen Anlagen waren ausgeschaltet. Ein Zugang für Dritte unmöglich. Die Frankfurter Richterin B. aus der Kammer des Schreckens forderte jedoch rechtsfehlerhaft [vgl. BGH I ZR 121/08] damals auf "Antrag" der Gegenseite die Vorlage von Routerprotokollen, die belegen könnten das der ausgeschaltete Router eigentlich eingeschaltet gewesen sei oder worden sei und man unerlaubte Handlungen über ihn begangen habe. Bereits zuvor hatte jedoch die junge Dame gemerkt, dass sie sich den Gang nach Frankfurt hätte sparen können. Sie erlitt aufgrund der Verhandlungsführung einen mittleren Nervenzusammenbruch und brach in Tränen aus, was die Richterin eher erstaunt notierte. Sie hatte sich grundsätzlich wenig Gedanken darüber gemacht wie es bei Beklagten ankommt wenn man als "Pausenfüller" Jugendgeschichten über die eigene Zeit bei der Frankfurter Staatsanwaltschaft zum Besten gibt. Bemerkenswert jedoch ... nach dem Vergleich ... das Eingeständniss der Richterin, dass sie glaube das die Beklagte die Tat nicht begangen habe, aber man manchmal eben auch für etwas bezahlen müssen was man nicht begangen habe. (Die Richterin hatte vor dem Termin die türe offen stehen lassen und die begleitenden männlichen Personen eingehend gemustert und meinte wohl der Lebensabschnittsgefährte sei es gewesen).

Bevor ich das nicht selbst erlebt hatte konnte ich es nicht glauben.

Fall 2 jedoch... nach dem die Belästigung von Netzwelt.de-Usern mit Absurdklagen in Frankfurt aufhörte... bis in den August 2010 immerhin ... spottete jeder Beschreibung. Ein Vorzeige-Anschlußinhaber, Top-Technisches-Talent aus Nordhessen der heute in den Vereinigten Staaten bei der dortigen xxxx-Industrie mächtig Karriere macht hatte für seine Familie zur gemeinsamen Nutzung ein W-LAN eingerichtet und nach außen perfekt abgesichert. Sechs Nutzungsberechtigte waren vorhanden, darunter die Schwester 1 des Beklagten, die sich das Orginalwerk des Abmahnkünstlers noch vor dem angeblichen Tatzeitpunkt im Laden gekauft hatte. Innerhalb der vollständig aktiven Familienstruktur existierte das Wort "Unerlaubte Handlung im Internet" nicht. Man verhielt sich strikt gesetzeskonform wurde aber durch die angebliche 100% sichere Ermittlung einer gewissen DigiRigthSolution einer solchen überführt. Es wurde behauptet das "jemand" während die Familie mit geschätzten 20 Bekannten eine abendliche Geburtstagsfeier für die Mutter abhielt den Anschluß mißbraucht habe um das Werk des Abmahnkünsterls zu ergattern ... obwohl das Orginal da rumlag. In der Gänze war der Vorwurf derartig absurd, so dass man entschied die Frankfurter Richterschaft nicht mit peinlichen Details (Gebührenvereinbarung, Aktivlegitimation) zu belasten. Hier sei beispielhaft erwähnt das in der Klagebegründung ein falscher Vertrag zwischen Tonträgerhersteller und Digiprotect GmbH als Beweis für die Aktivlegitimation vorgelegt wurde. Eine Praxis die im Bereich des zivilrechtlichen Auskunftsantrags sehr häufig vorkommt... oder für Herrn Jürgen Schultheiß auf Deutsch: Man macht Rechte an einem Titel "A" geltend legt aber keine Verträge dafür vor, sondern für andere Titel. Es reichte hier in der ersten Instanz aus allein auf die persönlichen Umstände des Beklagten und seiner Familie abzuzielen, wobei es im Prozeß noch zu einiiiiigen interessanten Vorkommnissen auf Klägerseite kam. Vornehmlich glänzte der Prozeßbevollmächtigte (nicht Sister S. - sondern RA Dr. S.) mit der Äußerung er würde einer Zeugenvernehmung sehr gerne entgegen sehen, wobei er vergaß zB die Vernehmung der 6-jährigen Schwester des Beklagten auszuschließen, was die Richterin sogar bemüßigte näher im Urteil über die Fähigkeit von 6-jährigen Kindern zu unerlaubten Handlungen in Tauschbörsen einzugehen. Der Fall vollkommen "unschuldiger" Leute paßte sicher auch weil die nicht anders als arrogant zu bezeichnende Verfahrensführung des Abmahnkünstlers und seines Tonträgerherstellers .... genauso daher kam wie der Artikel eines Herrn Jürgen Schultheiß.

Im Anschluß an das Verfahren an dessen positivem Ausgang für den Beklagten es jedoch von Anfang an keinen Zweifel gab ersparte sich die Klägerin jede weitere Instanz damit nicht weitere Schlaglichter auf die angebliche 100%-ig sichere Ermittlungspraxis fallen konnten.

Selbstverständlich verzichtet Jürgen Schultheiß darauf solche Dinge anzusprechen. Man nennt das "Vertuschen" und "Verheimlichen".

Mittwoch, 1. September 2010

Bundesverfassungsgericht Beschluss vom 23.08.2010 - 1 BvR 1443/10 -

Dipl.-Jur Jens Ferner berichtet in seinem blog über eine zurück gewiesene Verfassungsbeschwerde eines Filmverleih- und Videovertriebsunternehmen, die den bislang nmK nicht veröffentlichten Beschluss des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 9. Februar 2010, Az.: 6 W 97/09 betrifft.

Die Karlsruher Richter hatten offensichtlich bereits bei der landgerichtlichen Prüfung eines Antrags auf Einstweilige Verfügung des Filmverleih- und Videovertriebsunternehmen (einen angeblichen Unterlassungsanspruch betreffend) nicht fest stellen können, dass das Unternehmen seine Aktivlegitimation ausreichend belegt habe. Auch wenn der Beschluss des OLG Karlsruhe nicht bekannt ist findet sich doch im Beschluss des Bundesverfassungsreichts ein interessanter Punkt: "Der Antrag werde „zumindest in erster Linie“ auf vom Filmhersteller abgeleitete Rechte (§ 94 UrhG) gestützt. Da der Film im Ausland hergestellt worden sei und kein entsprechender bilateraler Staatsvertrag vorliege, greife diese Norm jedoch nicht ein." - es liegt hier erneut der dringende Verdacht nahe, dass die mutmaßlich weitgehend über die Nichtprüfungskammern des LG Köln angeordnete Abmahnschwemme östlicher Filmproduzenten, die die unerlaubte Verbreitung von minderwertem Material (Filme, die im einstelligen Eurobereich gehandelt werden) als Zusatzbrot abmahnen erneut nicht eigentlichen rechtlichen Kriterien gemäß zustande gekommen ist. Bislang ist unbekannt ob der Filmverleih- und Videovertriebsunternehmer anderweitig erfolgreicher war. Allerdings kann man sich das schon denken.

Das Bundesverfassungsgericht wurde durch die Kanzlei S..... aus Karlsruhe mit dem Gedanken beglückt in dem abgelehnten Begehren eine Verletzung ihres Rechts auf rechtliches Gehör zu erkennen. Aus Fristgründen wurde die Beschwerde jedoch abgelehnt.

§ 93 BverGG, Abs. 1, Satz 1: Die Verfassungsbeschwerde ist binnen eines Monats zu erheben und zu begründen. - Der Beschwerdeführer hatte zwar rechtzeitig ein Telefax am 16.03.2010 über die Kanzlei S. aus Karlsruhe nach Karlsruhe versandt (Zustellung des Beschlusses am 17.02.2010) war aber wohl zu unorganisiert um die Anlagen mitzusenden, oder gar die Beschwerde vollständig "kurz mal rüber zu bringen".

Zudem diagnostizierte des Bundesverfassungsgericht der Darstellung im Vortrag der Kanzlei S. aus Karlsruhe ein generelles Fehlverständniss des Beschlusses der LG + OLG Karlsruhe.

Der Kanzlei (also nicht etwa dem Beschwerdeführer) wurde daraufhin vom Bundesverfassungsgericht ein Ordnungsgeld in Höhe von 500,00€ auferlegt, da man trotzt Hinweis des Gerichts auf einer Prüfung der Sache bestanden habe.

Natürlich sollten aber nun Abgemahnte der Kanzlei S. aus Karlsruhe nicht auf den Gedanken kommen die folgende höchstrichterliche Einschätzung 1 : 1 zu übernehmen: "Das Bundesverfassungsgericht muss es nicht hinnehmen, bei der Erfüllung seiner Aufgaben durch eine sinnentleerte Inanspruchnahme seiner Arbeitskapazität behindert zu werden.", da es ja Gerichte gibt die es hinnehmen.