Sonntag, 28. Februar 2010

Sachverhaltsdarstellung - 28.02.2010

Nachdem ich zum 10.02.2010 bereits über das Thema des Schadensersatzes berichtet habe folgt heute eine grundsätzliche und ergänzende Betrachtung zum Thema Aktivlegitimation. Als Aktivlegitimation bezeichnet man im Gerichtsverfahren die Fähigkeit Kläger zu sein.

Die Erkentnisse der letzten Wochen zum Thema der Aktivlegitimation einer gewissen "Uptunes GmbH" stellen die hochgradigsten und wichtigsten Ergebnisse dar. Denn wenn jemand nicht die Fähigkeit aufweist Kläger sein zu können ist die Klage schon im Ansatz abweisungsreif. Man sollte jedoch beachten, dass hierzu noch keine richterliche Meinung vorliegt und daher auch dieser Beitrag nur der persönlichen Meinung des Verfassers entspricht. Auch ist das Ergebniss nicht allzu "selten". Gerade in diesem Genre dürften solche Praktiken (vgl. AG Oldenburg) gängig sein und nur Einzelfall-Unterschiede aufzeigen.

In den Regel-Auskunftsbeschlüssen des LG Köln finden wir zu diesem Thema: "Die Antragstellerseite ist aktivlegitimiert, weil sie Inhaberin des Urheberrechts bzw. eines anderen nach dem UrhG geschützten Rechts an dem Werk Dance Nation vs. Shaun Baker "Sunshine 2009" ist." Diese richterliche Meinung basiert auf dem bereits erläutertem Umstand, dass die Antragstellerseite augenscheinlich ausreichende Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Aktivlegitimation beilegt und die Auskunftsverpflichtete kein Interesse an einer richterlichen Überprüfung an den Tag legt.

In den Kostenklagen wird von der Klägerin gleichlautend verfahren: Unter Beilegung eines Rechteübertragungsvertrages mit der Nutzungsrechteinhaberin an dem Titel "Sunshine" der Musikgruppe Dance Nation in Bezug auf sog. Remixe, die ein Herr Baker in Zusammenarbeit mit der Musikgruppe hergestellt hat wird von der Prozeßbevollmächtigten der Uptunes GmbH behauptet: "Die streitgegenständliche Tonaufnahme wurde auf dem Kopplungstonträger „Dream Dance Vol. 51" in einer Interpretation des Künstlers „Dance Nation vs. Shaun Baker" veröffentlicht." Diese Aussage ist jedoch schon beim ersten Betrachten des Musikwerkes das sich auf dem Sampler "Dream Dance Vol. 51" befindet unter Zweifel zu setzen. Es wird dort auf ein Werk verwiesen, dass ein Herr L. hergestellt hat.

Auf der Webseite der Uptunes GmbH erfährt man hierzu Erstaunliches: "Nicht nur für die Hands Up Gemeinde hat RainDropz! mit seiner Interpretation einen Zahn zugelegt und rundet damit einer der schönsten Shaun Baker Veröffentlichung ab, die es je gab. ... Wie bei Sunshine 2009 hat RainDropz! wieder einen Party Mix gezaubert, der nicht nur die HandsUp Fans begeistert." [Quelle]

Auch ein Hörvergleich ergiebt eine vollständig von den Werken die Herr Baker hergestellt hat abgekoppelte Version.
1 - streitgegenständliches Werk
2 - Werk Baker 1
3 - Werk Baker 2

Das Werk des Herrn L. richtet sich an eine besondere Konsumentengruppe (Genre-Beispielliste: Hands Up, Dance, Trance, House, Electro, Hardcore, Hardstyle, Jumpstyle, D'n'B, Minimal).

Die Behauptung der Prozeßbevollmächtigten der klägerischen Partei, bei dem streitgegenständlichen Werk handle es sich um eine Interpretation des Künstlers Baker ist nicht nachvollziehbar und stellt sich als unglaubhaft heraus. Zudem wurde das Werk des Herrn L. durch den "Geschäftsführer" der Uptunes GmbH bereits am 07.03.2009 im Internet auf einem You-Tube-Channel zur kostenlosen Verwendung bereit gestellt. Die Erstveröffentlichung des streitgegenständlichen Werks datiert auf den 13.02.2009. Die Prozeßbevollmächtigte der Klägerin hierzu: "Der Schadensersatz beläuft sich somit bei Zugrundelegung einer bran­chenüblichen Lizenzgebühr für den Nutzungsvorgang des kostenlosen weltweiten öffentlichen Zugänglichmachens in der verkaufsrelevanten Phase auf einen unter Berücksichtigung der Gepflogenheiten im Musik­geschäft angemessenen Betrag. Nach der Einräumung einer Lizenz für die kostenlose öffentliche Zugänglichmachung könnte der Rechteinhaber sein Musikstück nicht weiter verwerten. Denn es würden keine Verkäufe mehr stattfinden, sobald der Musiktitel legal kostenlos erhältlich ist."

Zwischenfazit: Weder ist eine Aktivlegitimation aus eigenem Recht heraus, noch die Anspruchsbegründung für den Schadensersatz haltbar. Erschwerend kommt hier aber noch hinzu, dass die "weltweite" Veröffentlichung auf dem You-Tube-Channel der Uptunes GmbH nicht vertraglich mit der Nutzungsrechteinhaberin abgedeckt ist. Denn diese reduziert das Verbreitungsrecht im Vertrag deutlich auf wenige hauptsächlich deutschsprachige Länder. In wie fern Folgeveröffentlichungen auf Samplern vertraglich behandelt werden bleibt iÜ im vollständigen Dunkel. Ob die Nutzungsrechteinhaberin dem Abmahnprozedere überhaupt zugestimmt hätte ist sehr fraglich, denn sie erhält aus den Abmahngeldern aufgrund des Vertrages keine Gelder.

Nun könnte aber die Klägerin geltend machen, dass sie über die sog. "Tonträgerherstellerrechte" des § 85 UrhG in Bezug auf den streitgegenständlichen Titel des Herrn L. verfügt. Dem ist jedoch nicht so. Das streitgegenständliche Werk hätte einen eigenständigen Vertrag mit der Nutzungsrechteinhaberin erfordert.

Hierzu kann man in den Juli 2008 zurück gehen und die "Wiederveröffentlichung" des Werks "Sunshine" aus dem Jahr 2001 betrachten. Wir erkennen eine Vielzahl unterschiedlicher "Künstler" die selbstredend bei der Nutzungrechteinhaberin unter Vertrag stehen. Mit Vertrag vom 07.10.2008 hat sich jedoch die Uptunes GmbH nur diejenigen (beschränkten) Verbreitungsrechte einräumen lassen, die den Werken des "Künstlers" Baker zuzuordnen sind und eben nicht weiteren Künstlern. Schon die erste Vinyl-Veröffentlichung vom 16.12.2008 trägt also den Makel, dass "rechts- und vertragswidrig" ohne erkennbare Erlaubniss und ohne Vorlage entsprechender Legitimationen "für Herrn L." klagen zu können einen Titel unter falscher Deklarierung mit auf die Veröffentlichung genommen zu haben. Dabei geht man gar nicht von einem "bösen Willen" aus, sondern von einer "branchenüblichen" Vorgehensweise, die entweder durch keine oder fehlerhafte Rechtsanwaltsratschläge begleitet werden.

Wie sich der Künstler des Werks, Herr L. dazu stellt, wie er überhaupt darauf kommt er können am Nutzungsrechteinhaber vorbei bei "Dritten" die keine Veröffentlichungsrechte außerhalb ihrer Verträge inne halten Titel in Bezug auf das Werk "Sunshine" der Gruppe Dance Nation veröffentlichen ist per Zeugenbefragung zu klären. Man darf davon ausgehen, dass die Verträge mit der Uptunes jedoch "nichtig" sind.

Natürlich muß auch hier der Rückgriff auf die vielfätligen Abmahungen die auf Basis dieser extrem wackligen Aktivlegitimationslage im 5-stelligen verschickt wurden zu stellen. Normalerweise würde man davon ausgehen, dass vor der Mandatierung selbst eine Abmahnkanzlei die rechtliche Situation prüft und fähig ist solche Fragen von Vorne herein auszuschließen, damit sie nicht von illegalen und dubiosen Rechtsberatern aufgeworfen werden können. Nach Angaben der Ermittlungsfirma datiert jedoch der Ermittlungsauftrag auf den 01.01.2009. Dies ist interessant, denn seinerzeit war nur die "Vinyl"-Version auf dem Markt. ["Ich habe von dem oben genannten Werk einen mit entsprechenden Merkmalen des Rechteinhabers gekennzeichneten Originalton- bzw. -datenträger erhalten."] Auch hier gibt es Raum für die Klägerin nachzutragen.

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