Sonntag, 9. August 2009

Hoch und Weit

"Hoch und Weit, das freut die Leut" [Volksmund]

Nicht nur der Beginn der neuen Bundesligasaison mit all ihren Protagonisten der Filigrantechnik und hohen Kunst der Viererkette läßt unsere Herzen diese Woche höher schlagen. Auch erste Ergebnisse des Kreisliga-Blutgrätschen-Betriebs können vermeldet werden. So erzielte zum Wochende in einem Vorbereitungsspiel der FC Abmahnwahn Coburg gegen den Frankfurter Vorstadtklub DJK Ghetto-Surfer Bonames ein beeindruckendes 0 : 10 durch eine Ansammlung an Eigentoren. Besonders das 0:5 hat es mir dabei besonders angetan.

Die Klarstellung vorab: Weder verwende ich sog. "Interaktive Musterklageerwiederungen", noch habe ich allzuviel in ihnen gelesen. Dennoch sind in dem obigen Interview Punkte aufgetaucht, die es hier öffentlich klar zu stellen gilt.

Die Frage des Interviewers ["Herr Dr. Kornmeier, vor geraumer Zeit haben Sie sich vor dem Gerichtsstand Frankfurt sehr kritisch zur sog. Interaktiven Musterklageerwiderung geäußert."] ist einerseits albern. Ein Produkt, das erst Ende Mai 2009 veröffentlicht wurde kann nicht vor "geraumer Zeit" sehr kritisch beäußert werden.

Es fehlen auch vollständig jegliche Kritikpunkte. Einzig bislang bekannt ist ein formaler Hinweis, der netterweise durch die Kanzlei Wilde & Beuger umgehend modifiziert wurde. Ein Hinweis, den man gerne an die Kanzlei zurückgeben kann, denn dort wird auch nicht sehr sorgsam mit den Textbausteinen hantiert, wie das dokumentierte Beispiel "man habe die personenbezogenen Daten des Anschlußinhabers aus einer Akteneinsicht in einem staatsanwaltlschaftlichen Ermittlungsverfahren bezogen", wenn gleich im konkreten Fall der zivilrechtliche Auskunftsweg über das LG Köln beschritten wurde belegt.

Andererseits liegen textual diesem blog auch nur Äußerungen der Kanzlei vom Juni 2009 vor, in denen der Interviewer und nicht das Produkt kritisiert werden. Da diese Äußerungen keinen Verfahrensbezug aufweisen, sondern nur Beledigungen beinhalten, die wiederum die Persönlichkeitsrechte Dritter verletzten konnten diese berichtet werden. Das der namentlich Verletzte die Verletzung nicht den entsprechenden zuständigen Stellen vortrug, sondern statt dessen Kaffeekränzchen abhält ist schon abenteuerlich genug.

Zudem sind überhaupt nur wenige Streitsachen bekannt, in denen das Produkt der Kanzlei Wilde & Beuger verwendet wurde. In den meisten Fällen wohl nur ein jeweils kleiner Absatz, wobei keine sachlichen Antworten der Prozeßgegner bekannt sind.

In diesen Fällen steht ein Urteil sicherlich noch aus. Eine Authorisierung wurde vom Interviewer nicht eingeholt. Weder von den Beklagten noch von den Prozeßbevollmächtigten. Das bedeutet schlicht, dass der Interviewer ohne die Ergebisse abzuwarten [ein Urteil soll am 13.08.!!! verkündet werden] und ohne Erlaubniss einer Kanzlei vor Gericht die Möglichkeit gab sich vor der richterlichen Entscheidung in der Öffentlichkeit zu äußern.

Das die entsprechende Kanzlei diese Vorlage weidlich und unwidersprochen nutzt kann ihr nicht zu Vorwurf gemacht werden. Ihr latent unbelegtes Gebräu aus Horrorszenarien und stilistisch wenig ausgefeilten rechtlichen Ansätzen ist nicht etwa Folge mangelnder Kentnisse. Der Text ist auf das in Verfahren als "Rechtsverletzer, die händeringend nach Verteidigungsmöglichkeiten suchen" bezeichnete angebliche Klientel des Interviewers gemüntz. Man denkt wohl, das mediale Breitseiten Argumente ersetzen. In der mündlichen Verhandlung über das Musterklagenprodukt vom 28.05.2009 hatte der KV [Klägervertreter] jedoch und sogar noch Schriftsatznachlaß auch auf die Klageerwiederung beantragen müssen. Ich gehe davon aus, dass man die nächsten Wochen nicht verplempert hat, um aus "Nichts" nun "Katzen und Hunde, die CDs zerstört haben"-Beispiele zu machen und vor Gericht damit zu erscheinen. Leider hat der Interviewer nicht nachgesehen, was denn zur Musterklageerwiederung selbst an Schriftsatz einging, zumindest fehlt eine Erwähnung vollständig. Nach den Hinweisen des Gerichts wurde überhaupt nicht gefragt. Statt dessen durfte die Kanzlei verlautbaren: "Werden wir die Gerichte auch weiterhin darauf hinweisen, dass entsprechende Angaben einfach abgeschrieben werden und daher mit besonderer Vorsicht zu genießen sind."

Solche Passagen sind grenzwertiger Natur, vor Allem wenn man bedenkt, dass die Beklagten, die auf ein gerechtes Urteil warten als Prozeßbetrüger dargestellt werden: "Es ist sicherlich nicht beabsichtigt, dass Abgemahnte vor Gericht falsche Angaben machen. Wir haben aber bereits erlebt,...". Über solche kleineren und subtilen Propaganden geht der Interviewer schlichten Geistes hinweg, ohne nachzufragen, ohne Nachweise zu verlangen. Im Übrigen sei hier der Kanzlei versichert, dass prozessuale Texte an denen sich dieser blog [in welcher Form auch immer] beteiligt weder abgeschriebene Angaben, noch unbedacht, oder bedachte Falschangaben liefert. Daher freut es mich auch sehr, dem Interviewer dies auch übermitteln zu dürfen: All die ehrlichen Helfer von Beklagten, die hier nicht strikt als ehrliche Helfer dargestellt werden bedanken sich ausdrücklich für die Kommentarlosigkeit zu der verbreiteten Andeutung, dass sie a) zu dumm wären eigene Texte zu schreiben, ergo abschreiben müßten und b) dabei aus dem Lügen nicht mehr heraus kommen.

Auch sind weitere Passagen erfrischend erstaunlich: "Die Kritik richtete sich nicht gegen eine Musterklageerwiderung an sich, sondern an deren Verwendung in den Einzelfällen." = Prozeßdeutsch "Zweifel an den Angaben des Beklagten bestehen nicht zu letzt deshalb, weil der Beklagte seine entsprechenden Ausführungen zum großen Teil einer im Internet kursierenden Musterklageerwiederung entnommen hat," Kritik bedeutet also neuerdings, dass der Beklagte im Prozeß mutmaßlich lügt, da er mutmaßlich Produkte von Wilde & Beuger verwendet.

Man geht zwar nicht davon aus, dass je ein entscheidender Richter den Interview-Schmarrn jemals lesen wird. Dennoch ist es von besonderer Bedeutung, wenn jemand zuerst ein Musterprodukt mit entwickelt, es mit veröffentlicht und zum Abschluß nicht etwa das erwartete Urteil zur Meßlatte künftiger Interwies und Veröffentlichungen macht, sondern vier Tage vor Verkündung es zu läßt und fördert das man "sein" Produkt schlecht macht.

Donnerstag, 6. August 2009

Nürnberger Prozesskostenhilfe-Beschluss

In der Mini-Serie anwaltlicher Fehlleistungen für Abgemahnte im Filesharing-Bereich, beschäftigt sich dieser blog mit dem bislang nicht veröffentlichten Beschluss des OLG Nürnberg vom 11.05.2009, AZ: 3 W 530/09. Die Richter hatten über eine sofortige Beschwerde einer Beklagten nach einer Entscheidung des Landgerichts Nürnberg/Fürth über die Gewährung von Prozesskostenhilfe zu entscheiden. Die Beschwerde wurde zurükgewiesen. Wie auch die Vorinstanz ging das OLG davon aus, dass die Rechtsverteidigung der Beklagten keine Aussicht auf Erfolg hatte und ihr deshalb Prozesskostenhilfe zu versagen sei.

Nach einer Abmahung [wohl] im November des Jahres 2008 [Adressenermittlung über ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren] wurde durch die Beklagte nach dem Austausch verschiedener Schriftsätze vor/nach dem Eintreffen einer mit bislang noch unbekannten Klageschrift mit unbekanntem Ausgang Prozeßkostenhilfe beantragt. Ob übrhaupt ein Verfahren angestrengt wurde ist noch unklar.

In der Beschwerde vor dem OLG Nürnberg versuchte sich die Anwaltschaft der Beklagten in vier Norm-Punkten:
1. Zuständigkeit des Gerichts [LG]
2. Rechte am streitgegenständlichen Werk
3. Ermittlungsvorgang
4. Ablehnung der Störerhaftung

1.
Das OLG sah die Zuständigkeit des Gerichts [LG] bereits durch einschlägige, bayrische Rechtsverordnungen nach § 105 UrhG erfüllt.
2.
Das Gericht konnte die seitens der Beklagten vorgebrachten Widersprüche im klägerischen Vortrag nicht erkennen. Zudem verwies es auf den Umstand, dass die anwaltliche Vertretung der Beklagten bereits nach dem Eintreffen der Abmahnung der Klägerin bestätigt habe, dass diese ihre Rechte aus dem streitgegenständlichen Werk nachgewiesen habe.
3.
Interessanter Weise hatte die Klägerin den Ermittlungsprozeß nur minutiös dargelegt, "behauptet", und nicht ein Sachverständigengutachten nebst Zeugenbeweis vorgelegt. Dem OLG schien jedoch für das Beschwerdeverfahren eine für die Beklagte positive Beweisführung ausgeschlossen und somit eine erfolgreiche Rechtsverteidigung ausgeschlossen.

Intertext für Abgemahnte der Kanzlei Waldorf
Auch die Kanzlei Waldorf, München argumentiert nur in Ihren Schriftsätzen und stellt die Beweise unter einen "Beweisbeschluss" im Streitfall vor Gericht. Für die Beklagten ändert sich hier nichts, insofern sie einen erfahrenen Medienrechtsanwalt mandatiert haben. Auch ist dieser Beschluss vollkommen kostenlos. Allerdings ist hier frühzeitig darauf zu achten, dass das Gericht bereits vor Beginn der mündlichen Verhandlung diesen Beschluss anordnet, damit sich die Angelegenheit nicht unnötig in die Länge zieht und eventuelle Nachteile in der mündlichen Verhandlung drohen.
Intertext Ende

Das OLG Nürnberg bestätigte in obigem Urteil die Ansicht, dass "grundsätzlich [für den Beklagten] eine Erfolgsaussicht besteht, wenn über einen bestimmten Sachvortrag erst Beweis erhoben werden muß. Allerdings gilt das Verbot der Beweisantizipation im PKH-Verfahren nur begrenzt. Eine Beweisantizipation ist erlaubt, wenn die Gesamtwürdigung aller schon fest stehender Umstände und Indizien eine positive Beweiswürdigung als ausgeschlossen erscheinen läßt und wenn eine vernünftige und wirtschaftlich denkende Partei, die die Kosten selbst bezahlen müßte, wegen des absehbaren Misserfolgs der Beweisaufnahme von einer Prozeßführung absehen würde." [vgl. § 114 ZPO - Voraussetzungen der Prozeßkostenhilfe: "Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint."]
4.
Das OLG qualifizierte die Beklagte automatisch als Störer, da Sie den Internetanschluß eingerichtet habe. Die Beklagte verabsäumte darzulegen, wie der Anschluß gegenüber einem unberechtigten Zugriff gesichert sei und legte keinen Zugriff eines Dritten dar. Angeführt wurde von der anwaltlichen Vertretung als Hinweis für die Verneinung einer Störerhaftung der Beklagte das BGH-Urteil "Internet-Versteigerung II". Weder das Gericht noch ich können in dieser Erwähnung einen sinn entdecken. Das OLG verwies auf Abs. 33 des Urteils: " b) Nach dem in der Revisionsinstanz zu unterstellenden Sachverhalt kann jedoch eine Haftung der Beklagten als Störer nicht ausgeschlossen werden.". Das Gericht sah die Ansicht des Erstgerichts bestätigt und nicht wie anwaltlich gedacht verneint. Zusätzlich wurden von der Beklagten noch vier Urteile, vornehmlich OLG Frankfurt zitiert, um eine grundsätzliche Erfolgsaussicht darzulegen. Das OLG bemängelte jedoch, das ein Sachvortrag der Beklagten in Verbindung zu den Urteilen und insgesamt "völlig" fehlte.

Sonntag, 2. August 2009

Magdeburger Tanten-Urteil

Note: Die Textpassagen des nicht veröffentlichten folgenden Urteils sind durch nichtanwaltliche Dritte nicht zu verwenden, mit Ausnahme von Kleinstzitaten. Zwiderhandlungen werden rechtlich verfolgt.

"Meine Tante ist Rechtsanwältin, die habe ich natürlich sofort kontaktiert. Ihr Rat: gar nicht reagieren. Natürlich birgt das das Risiko der EV, aber mit Unterschrift der UE bzw. der modUE geht man das Risiko der "Gläubigerverfolgung" ein." [Forenzitat, Juni 2009]

Auch im Jahr 2009 hält sich ein gewisser Bestand von Rechtsanwaltskanzleien, die bei der Abwehr von urheberrechtlichen Abmahnungen mit üblicherweise absurden Gedankengängen Ihre Mandanten nicht vor der drohenden Gefahr von Einstweiligen
Verfügungen schützen. Statt den Streitfall "Unterlassungsanspruch" durch die Abgabe einer modifizierten Unterlassungserklärung sofort zu beenden, um somit eine weitaus günstigere, kostenrisiko-reduzierte Situation für die Abgemahnten zu erzielen, soll keine Unterlassungserklärung abgegeben werden. Als Ergebniss einer solchen Unverantwortlichkeit steht nicht nur die Gefahr der Einstweiligen Verfügung im Raum. Möglich sind auch, über den gesamten Zeitraum bis zur Verjährung "Unterlassungsklagen".

In den häufigsten Fällen dieser anwaltlichen Fehlberatung geht eine anwaltliche Fehleinschätzung der so genannten „Störerhaftung“ voraus. Während sich die Vielzahl der wegen „Urheberrechtverletzungen in P2p-Tauschbörsen“ abgemahnten nach der Abgabe einer einer modifizierten Unterlassungserklärung allein um die verbliebenen, zum Großteil dreistelligen Rechtsanwaltskosten und einen geringen Schadensersatzbetrag bekümmern müssen, sieht die Realität derjenigen, die keine Unterlassungserklärung abgegeben haben vollständig anders aus.

Denn nicht etwa nur eine vertragliche Strafzahlung steht diesen Personen ins Haus: „Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird der Beklagten ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,- EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht.

Manche Abgemahnte stören sich gerne an der Dauer der Wirkung der modifizierten Unterlassungserklärung, die sie 30 Jahre an einen „Vertrag“ bindet. Man stört sich am Kostenrisiko, das bei Zuwiederhandlungen zivilrechtliche Forderungen von sicherlich 5001€+X auslösen können. Dies geschieht in offensichtlicher Unkennkenntniss über die Alternative, die bis zur Haft führen kann. Selbst wenn die Anzahl der Unterlassungsklagen nicht sehr bedeutend erscheint; eine enorme Anzahl der Personen, die aus vergangenen Jahren stammend und noch keine Unterlassungserklärung abgeben haben und nicht beklagt wurden eine flächendeckende Verfolgung unmöglich erscheinen läßt; selbst dann sollte der Einzelfall in verantwortlicher Weise gerade von Rechtsanwälten als mit enormem Risiko behaftet gesehen werden. Vor allem, da eine haft- und kostenrisko"freie" Alternative bersteht: Die Abgabe der modifizierten Unterlassungserklärung.

Ist man der Ansicht, die Abmahnung wäre unberechtigt, könnte man diese Ansicht in einem Verfahren um recht geringe Kosten richterlich prüfen lassen. Gefängnissaufenthalte dabei unbekannt.

Wie tief dabei manchmal die Kombination rudimentären Wissens nebst anwaltlicher Falschberatung mögliche Haftaufenthalte für definit[i]v nicht haftfähige Personen riskiert zeigt uns exemplarisch das Urteil LG Magdeburg 7 O 2061/08 vom 06.05.2009 [bislang unveröffentlicht]. Hier hatte nach einem normalen Ablauf einer Abmahnung „Urheberrechtsverletzung in p2p-Tauschbörsen“ die Anschlußinhaberin keine Unterlassungserklärung abgegeben. Vor Gericht bezog sich die Anwaltschaft im Antrag den Unterlassungsanspruch abzuweisen auf:

- Beweisgeeignetheit des vorgelegten Privatgutachtens der durch die Rechteinhaberin mit der Verfolgung von Internetstraftaten beauftragten Firma
- Geeignetheit des Programms Dateien über Hashwerte zu identifizieren
- Beweisverwertungsverbot, da eine Speicherung der Daten „auf Vorrat“ geschehen sei und damit verfassungswidrig sei. Man stütze sich dabei auf das Bundesverfassungsgericht.
- Die Beklagte nicht als Störer haften könne, da die alleinige Nutzerin des Internetanschlusses die volljährige Tochter des Hauses gewesen sei und diese Tochter mündlich darauf hingewiesen worden sei keinen Missbrauch zu betreiben. Haftungspflichten seien wegen der Volljährigkeit der Tochter nicht der Anschlußinhaberin „zumutbar“, ebenso wenig Kontrollen.

Die richterliche Antwort war niederschmetternd:

- Die Kammer hatte im Hinblick auf das vorliegende Privatgutachten keine Zweifel. [Anlagenkonvolut: ... beispielsweise LG Bielefeld 4 O 343/08 Beschluss vom 18.09.08, LG Köln 8 O 515/08 Beschluss vom 25.08.08; LG Frankfurt 2/03 O 824/06 Beschluss vom 12.04.07.....]
- Keine richterlichen Zweifel daran [existieren], dass [durch das Programm] sowohl die fragliche Datei als auch die IPAdresse zutreffend ermittelt worden sind.
- Ein Beweisverwertungsverbot nicht vorliegen kann, „da es sich bereits unter Berücksichtigung des zeitlichen Ablaufs offensichtlich nicht um gespeicherte Daten aufgrund der für verfassungswidrig erachteten Neuregelung handelte, sondern um gespeicherte Daten zu eigenen Zwecken des Providers wie beispielsweise Rechnungslegung handelt.

Guten Morgen, Herr/Frau Anwalt. Der Beklagten wurde es untersagt, das streitgegenständliche Werk im Internet, insbesondere in sogenannten p2p–Tauschbörsen , oder auf sonstige Art und Weise zu vervielfältigen oder öffentlich zugänglich zu machen. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wurd der Beklagten ein Ordnungsgeld bis zu
250.000,- EUR auferlegt, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Hätte die Beklagte eine modifizierte Unterlasungserklärung abgeben, wäre eine Klage nicht möglich gewesen.

Die Leitlinien des Gerichts zum Thema der Störerhaftung in Bezug auf volljährige Haushaltsmitglieder werden hier aufgrund Ihrer allgemeinen Beschreibungsart gänzlich veröffentlicht: "Die Beklagte als Inhaberin des Internetanschlusses haftet als Störerin für die von ihrem Anschluss aus begangene Urheberrechtsverletzung. Im Rahmen des Unterlassungsanspruches haftet jeder in entsprechender Anwendung des § 1004 BGB als Störer für Schutzrechtsverletzungen , der ohne selbst Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat, sofern er ihm zumutbare und mögliche Prüf – und Kontroll - bzw. Sicherungsmaßnahmen unterlassen hat. (vgl. LG HH 308 O 407/06 ZUM-RD 2006; S. 533;LG Frankfurt ZUM 2007 S. 406; LG Mannheim MMR 2007, S. 537; OLG Düsseldorf 27.12.2007 – I-20 W 157/07 MIR 02/ 2008 ; LG Leipzig 5 O 383/08 Beschluss vom 08.02.08; siehe auch Anlage K 17 Anlagenband ; OLG HH 5 W 152/06 Beschluss vom 11.10.2006 siehe auch Anlage K 24 Anlagenband) Die Beklagte haftet als Störerin weil sie es jedenfalls unterlassen hat, zumutbare Sicherungsmaßnahmen gegen von ihrem Anschluss ausgehende Urheberrechtsverletzungen zu ergreifen. Nach ihrem persönlichen Vorbringen in der mündlichen Verhandlung hat sie ihrer Tochter durch die Anmeldung eines Internetanschlusses auf ihren Namen die uneingeschränkte Möglichkeit der Nutzung des Anschlusses überlassen und sie lediglich allgemein darauf hingewiesen, den Anschluss nicht zu missbrauchen. Weitere Kontrollen oder gar eine Auseinadersetzung mit den technischen Details erfolgte durch die Beklagte nicht. Daraus ist bereits ersichtlich, dass sie in Kenntnis der Gefahr von Urheberrechtsverletzungen im Internet sich nicht weiter um die Möglichkeiten einer Einschränkung der Gefahren gekümmert hat und dies vollständig ihrer Tochter überlassen hat, so dass sie sich mangels Detailwissen auch nicht um eine etwaige erforderliche Sicherung gegenüber Dritten kümmern konnte bzw. gekümmert hat. Angesichts der auch dem technischen Laien bekannten Möglichkeiten des Missbrauchs und der erhöhten Gefahr von Urheberrechtsverletzungen im Internet reicht nach Auffassung des Gerichts dieser allgemeine Hinweis auch an eine volljährige noch im Haushalt der Eltern lebende Tochter nicht aus , um der Gefahr der Urheberrechtsverletzung wirksam zu begegnen oder sie zu mindern. Bei der Frage welche zumutbaren Maßnahmen des Anschlussinhabers gefordert werden können, kann nach Auffassung des Gerichts nicht allein auf die zwischen den im Haushalt lebenden Personen bestehenden persönlichen Beziehungen und der von ihnen zu erwartenden Verstandesreife abgestellt werden, da dies letztlich den Urheber in einem erheblichen Bereich schutzlos stellen würde, da die Berufung auf die uneingeschränkten Zugangsmöglichkeiten Dritter im Haushalt, eine Rechtsverfolgung durch den Urheber faktisch vereiteln würde. Maßgebend ist insofern auch, dass durch den Internetzugang eine Gefahrenquelle begründet wird, die der jeweilige Internetanschlussinhaber beherrscht und zumindest so absichern kann, dass das Risiko von Urheberrechtsverletzungen vermindert wird. Zumutbar sind daher entgegen der Auffassung der Beklagten auch Maßnahmen gegenüber volljährigen im Haushalt lebenden Kindern, die den Zugang zu Tauschbörsen unabhängig davon, dass diese nicht generell illegal sind, unterbinden. Solche Zugangsbeschränkungen sind wie die Klägerin nachvollziehbar vorträgt technisch möglich z.B. durch eine entsprechende Konfiguration der Firewall , bei der erst eine gesonderte Freischaltung den Zugang zu dem Netzwerk der Tauschbörsen ermöglicht oder durch die Blockierung der Installation einer für die Teilnahme an Tauschbörsen erforderlichen Software durch spezielle Softwareprorgamme wie X-X. Die Zumutbarkeit der Ergreifung solcher Maßnahmen ist weder dadurch ausgeschlossen, dass die Beklagte sich insofern zunächst selbst hätte umfassend informieren müssen ggf. auch die Beratung und Hilfe Dritter hätte in Anspruch nehmen müssen, noch dadurch, dass die Tochter durch solche Maßnahmen in der Verwendung des Anschlusses insoweit eingeschränkt worden wäre, dass sie von der Teilnahme an den Tauschbörsen ausgeschlossen worden wäre. Da es sich bei der Störerhaftung um eine verschuldensunabhängige Haftung handelt, kann die Nichtkenntnis und der mit der Verschaffung von entsprechenden Kenntnissen verbundene Aufwand kein generelles Argument gegen eine Zumutbarkeit von zu treffenden Sicherungsmaßnahmen sein, da bei einer unkontrollierten und uneingeschränkten Überlassung des Anschlusses erhebliche Urheberrechtsverletzungen möglich sind, die jedenfalls seitens des Urhebers, dessen schutzwürdige Interessen bei der Abwägung, welche Sicherungsmaßnahmen zumutbar sind, auch Berücksichtigung finden müssen , nicht beeinflusst werden können. Auch soweit die seitens der Klägerin vorgetragenen Möglichkeiten eines beschränkten Zugangs, die von der Beklagten insoweit nicht bestritten werden, sondern lediglich hinsichtlich ihrer Zumutbarkeit in Frage gestellt werden, keinen 100% igen Schutz bieten, so sind sie doch nach Auffassung des Gerichts geeignet, jedenfalls das Risiko zu mindern, so dass sie unter Berücksichtigung schutzwürdiger Interessen des Urhebers auch als zumutbare Maßnahmen gefordert werden können. Unterlässt ein Anschlussinhaber demzufolge diese Maßnahmen zur Minderung des Risikos, kann er sich daher nicht erfolgversprechend darauf berufen nicht er, sondern ein im Haushalt lebender Dritter habe die Urheberrechtsverletzung begangen. Es ist jedenfalls gegenüber einem auch volljährigen Kind, das weiterhin im Haushalt der Eltern lebt nicht generell unzumutbar mit solchen Zugangsbeschränkungen zu leben, insbesondere wenn die Nutzung des Anschlusses, so wie dies offenbar auch hier der Fall ist, auf Kosten des Anschlussinhabers erfolgt. Insofern ist bei einem volljährigen Kind, das die Vorteile des elterlichen Haushaltes in Anspruch nimmt die Bereitschaft vorauszusetzen, sich etwaigen Einschränkungen auch im Interesse der häuslichen Gemeinschaft unterzuordnen, insbesondere dann, wenn es um Einschränkungen von Freiheiten und Möglichkeiten geht, die wie vorliegend, dem reinen „Luxusbereich“ zuzuordnen sind, deren Inanspruchnahme weder für die persönliche noch berufliche Entwicklung unbedingt erforderlich sind. Dies gilt auch sofern hierin ein gewisses „vorauseilendes Misstrauen“ gegenüber dem eigenverantwortlichen Handeln der volljährigen Kinder zum Ausdruck kommt. Das Risiko des Verzichts auf solche Maßnahmen kann jedenfalls nicht auf Dritte , hier den Urheber abgewälzt werden, der keine Einflussmöglichkeit auf die Gefahrenquelle, d.h. den Internetanschluss hat. Inwieweit dies auch im Verhältnis zum Ehepartner gilt , hatte das Gericht vorliegend nicht zu entscheiden, entsprechende Hilfserwägungen, in Form des, was wäre, wenn nicht die Tochter, sondern der Ehepartner freien Zugang gehabt hätten, mussten vor dem Hintergrund der obigen Argumentation nicht angestellt werden, da die geforderten Sicherungsmaßnahmen rein tatsächlich auf bestimmte Personen beschränkt werden können und diese jedenfalls aus den genannten Gründen gegenüber der Tochter zumutbar waren."